Jedes Jahr im Juni und November ist es so weit: die aktualisierte TOP500-Liste wird veröffentlicht. Auch wenn sich an der Spitzenposition nichts geändert hat, gibt es dennoch – gerade aus europäischer Sicht – eine interessante Neuerung. Die jüngste Ausbaustufe des JUPITER-Supercomputers wurde auf der International Supercomputing Conference (ISC) in Hamburg als neuer Spitzenreiter Europas und viertschnellster Computer weltweit gekürt.
Die TOP500-Liste
Wie ich in einem Blogartikel im Februar beschrieben habe, werden, nicht zuletzt durch den aktuellen KI-Hype, weltweit immer mehr und leistungsfähigere Rechenzentren gebaut. Diese Entwicklung ist auch in der wissenschaftlichen Gemeinschaft, die sich mit Hochleistungsrechnen (high performance computing, HPC) bzw. Supercomputing befasst, zu beobachten.
Regelmäßig trifft sich die internationale Supercomputing Community zum freundschaftlichen Austausch auf Konferenzen. Wie bei einem Klassentreffen darf auch bei solchen Treffen ein wenig Angeberei nicht fehlen. Dies hat zum Beispiel Tradition auf den Konferenzen ISC HPC und Supercomputing (SC). Traditionell wird auf diesen Treffen die aktualisierte Fassung der TOP500-Liste veröffentlicht [1]. Zweimal jährlich werden darin die 500 schnellsten Supercomputer der Welt aufgeführt.
Seit Juni 2022 markiert das US-System Frontier, das am Oak Ridge National Laboratory (ORNL) betrieben wird, einen wichtigen Meilenstein. Erstmalig erreichte ein System eine Maximalleistung von mehr als einem Exaflop.
Wie wird die Rechenleistung von Supercomputern verglichen?
Die Rechenleistung von Supercomputern wird in flop/s – floating point operations per second – also der möglichen Anzahl an Rechenoperationen, die der Computer als Ganzes pro Sekunde ausführen kann, gemessen. Ein Exaflop entspricht dabei 1018 flop/s. Es können also eine Trilliarde Rechenoperationen pro Sekunde durchgeführt werden.
Die Supercomputer der TOP500-Liste müssen dabei alle denselben Test durchlaufen. Es wird immer der LINPACK-Benchmark durchgeführt. Dabei wird ein großes lineares Gleichungssystem gelöst. Dies ist ein gängiges Problem, das in vielen wissenschaftlichen Simulationen wie der Berechnung von Wettermodellen oder in der Materialforschung Anwendung findet. Die Performance der Supercomputer der TOP500-Liste ist dann aber nur für ein solches Problem angegeben. Je nach Problemstellung wird ein anderer Algorithmus verwendet, sodass der nach der TOP500-Liste schnellste Supercomputer der Welt nicht automatisch der schnellste Computer für ein spezielles Problem sein muss.
Ein jahrelanger Trend geht zu Ende
Die Entwicklung unserer Informationsgesellschaft ist eine Folge des technologischen Fortschritts bei Transistoren, die auch heute noch die grundlegenden Bausteine in CPUs und GPUs der Supercomputer bilden. Für über 50 Jahre hat sich die Vorhersage von Gordon E. Moore, dass sich die Anzahl der Transistoren auf Microchips etwa alle zwei Jahre verdoppelt, erfüllt. Dieser Zusammenhang ist heute als Moore’s Law bekannt.
Mit der fortgeschrittenen Miniaturisierung werden allerdings physikalische Grenzen zum Problem. Heutige Fertigungstechnologien erreichen diese Limits bereits. Etwa seit dem Jahr 2015 hinkt der technologische Fortschritt der Vorhersage nach Moore’s Law hinterher. Damit kommt auch der jährliche Zuwachs der Rechenleistung ins Stocken. Ein möglicher Ausweg könnten hier Quantencomputer sein, wie meine Kollegin Lea Joosten in einem Blogartikel beschrieben hat.
Der Weg in die Exascale-Ära
Das Ziel, einen Exascale-Supercomputer zu bauen, treibt die weltweite HPC Community seit Jahren an. Seit dem Durchbruch des Frontier-Systems in 2022 sind bis heute zwei weitere Exascale-Systeme hinzugekommen: El Capitan und Aurora. Alle drei Exascale-Supercomputer stehen in den USA und werden vom Department of Energy (DOE) betrieben.
Auch wenn die USA hier eine Schlüsselposition einnehmen, ist auch Europa traditionell stark im HPC-Bereich. Allein Deutschland ist mit 43 Systemen in der TOP500-Liste vertreten. Der Supercomputer JUPITER am Forschungszentrum Jülich ist dabei nur das neueste Aushängeschild der europäischen Bemühungen. Neben JUPITER belegen noch vier weitere europäische Systeme einen Platz unter den zehn schnellsten der TOP500.
Mit etwa 800 Petaflop/s durchbricht die aktuelle Ausbaustufe des JUPITER-Boosters die Exascale-Schallmauer zwar noch nicht ganz – sie ist aber in Reichweite. Das untermauert die europäischen Ambitionen, mit dem Vollausbau endlich auch in den erlesenen Kreis der Exascale-Maschinen aufzusteigen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis JUPITER dieses Ziel erreicht. Bisher vergleicht sich JUPITER mit seinen „lediglich“ 4.801.344 Rechenkernen mit den deutlich größeren Konkurrenten aus den USA. Frontier nutzt insgesamt 9.066.176 Kerne und El Capitan 11.039.616 Kerne. JUPITER nutzt dabei den Grace Hopper Superchip von NVIDIA, wobei die entstehende Abwärme über Wasserkühlung abgeführt wird [2].
Die Green500-Liste
Neben der TOP500-Liste, bei der es ausschließlich um Leistung geht, wird zudem die Green500-Liste herausgegeben, die den Preisleistungssieger kürt. Konkret geht es um die Energieeffizienz, die in Gflop/s pro Kilowatt (kW) gemessen wird. Hier ist ein weiterer Kandidat des Jülich Supercomputing Centers auf der Spitzenposition.
Der JEDI-Supercomputer, der ebenfalls Grace Hopper Superchips von NVIDIA nutzt, ist der kleine Bruder von JUPITER. Mit seinen 19.584 Kernen und 4,5 Pflop/s landet JEDI immerhin noch auf Platz 259 der TOP500-Liste. Es wird jedoch eine erstaunliche Energieeffizienz von 72,7 Gflop/s pro kW erreicht – der absolute Spitzenwert der Green500 [3]. Zum Vergleich: Der Spitzenreiter El Capitan erreicht eine Energieeffizienz von 58,9 Gflop/s pro kW. JUPITER übertrifft diesen Wert und belegt mit einer Energieeffizienz von 60,6 Gflop/s pro kW den Spitzenwert unter den Top 4 (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1: Leistungsdaten der vier schnellsten Supercomputer der Top500 Liste [1].
| System | Cores | Rmax (Pflop/s) | Leistung (kW) | Energieeffizienz (Gflop/s pro kW) |
| El Capitan | 11.039.616 | 1.742,00 | 29,581 | 58,889 |
| Frontier | 9.066.176 | 1.353,00 | 24,607 | 54,984 |
| Aurora | 9.264.128 | 1.012,00 | 38,698 | 26,151 |
| JUPITER | 4.801.344 | 793,40 | 13,088 | 60,620 |

Abbildung 1: Ein Blick zwischen die Racks des Jupiter Supercomputers. Copyright: Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau.
Zusammenfassung
Die neuesten Ergebnisse der TOP500- und Green500-Liste zeigen die großen Ambitionen, die Europa auf dem Gebiet des Supercomputings zu Recht erhebt. Dieser Anspruch muss weiterverfolgt werden. Im aktuellen politischen Klima sind Deutschland und Europa gut beraten, weiter in Spitzenforschung und technologische Entwicklung zu investieren. JUPITER bildet damit auch einen wichtigen Beitrag zur digitalen Souveränität. Und es wird höchste Zeit, dass auch Europa seinen ersten Exascale-Supercomputer bekommt und zu den USA aufschließt.
Quellen
[1] TOP500 Liste – Juni 2025, https://top500.org/lists/top500/2025/06/ (abgerufen am 16.06.2025).
[2] Jupiter Supercomputer, https://www.fz-juelich.de/en/news/archive/press-release/2025/jupiter-supercomputer-propels-european-computing-power (abgerufen am 16.06.2025).
[3] Green500 Liste – Juni 2025, https://top500.org/lists/green500/2025/06/ (abgerufen am 16.06.2025).





