aus dem Netzwerk Insider Oktober 2024
Li-Fi? Klingt so ähnlich wie Wi-Fi. Aber nicht Wireless sondern Light. Von der Idee, Konnektivität mithilfe der allgegenwärtigen Deckenbeleuchtung herzustellen, haben Sie sicher schon öfter gehört. Vielleicht waren Sie auch unter den Teilnehmern der Netzwerktage 2022, auf denen ich über dieses Thema berichtet habe.
Licht zur Datenübertragung ist ein alter Hut – die Glasfaser lässt grüßen. Erste Experimente mit einer lichtbasierten Sprachübertragung durch die Luft gab es schon im ausgehenden 19ten Jahrhundert. Und die Infrarotfernbedienung ist uns allen vertraut. Aber wussten Sie, dass auch der WLAN-Standard IEEE 802.11 bereits 1999 eine Möglichkeit vorsah, Clients über Licht mit entsprechenden Access Points zu verbinden? Man stellte sich damals eine Einsteckkarte für Laptops (PC Card, USB war noch nicht erfunden) vor. Die Idee wurde meines Wissens nie verwirklicht.
In den vergangenen Jahren wurde die Idee wieder aufgegriffen und versucht, hohe Bitraten mithilfe von Leuchtdioden zu übertragen. Glauben Sie aber nicht, dass man dafür die weißen LEDs verwenden könne, die sich zuhauf in modernen Leuchten befinden. Weiß wird das Licht solcher LEDs nämlich erst durch ein fluoreszierendes Material (Yttrium-Aluminium-Granat, YAG), das vom blauen Licht von Indium-Gallium-Nitrit-LEDs bestrahlt wird. Das gelbe Licht des YAG-Leuchtstoffs ergibt mit dem Blau der InGaN-LEDs das uns bekannte Weiß.
Die LED selbst wäre „schnell“ genug, um damit hohe Datenraten zu übertragen. Der YAG-Leuchtstoff ist dafür jedoch viel zu träge. Für Li-Fi bleibt es also bei Infrarot-LEDs, wie wir sie schon aus der Fernbedienung kennen.
Li-Fi Access Points bestehen somit aus speziellen LED-Modulen, die entweder Teil von Leuchten sein können oder als separate Bauteile verwendet werden. Und natürlich brauchen solche APs entsprechende Empfangselemente, also Fotodioden oder -transistoren. Für das Endgerät gibt es Li-Fi-Module mit USB-Schnittstellen. Auch miniaturisierte Module zum Einbau in Smartphones wurden bereits vorgestellt.
Li-Fi basiert heute – wie Wi-Fi – auf der Orthogonalen Frequenzmodulation OFDM. Zahlreiche sogenannte Unterträger werden mit unterschiedlichen Informationen moduliert. Das erklären wir ausführlich in unseren Funk-Seminaren. Nur wird bei Li-Fi dieses Frequenzgemisch nicht auf einen Hochfrequenz-Träger moduliert, sondern es werden LEDs damit gesteuert.
Leider haben sich in den letzten Jahren zwei konkurrierende Verfahren etabliert, die beide auf OFDM basieren, jedoch nicht zueinander kompatibel sind:
Zum einen hat IEEE im vergangenen Jahr den Standard 802.11bb vorgestellt. Er basiert auf der naheliegenden Idee, den Überbau von WLAN zu verwenden und zur physischen Übertragung Funk durch Licht zu ersetzen. Aktuelle Implementierungen verwenden sogar handelsübliche WLAN-Chipsätze. Man fügt einen „Nachsetzer“ hinzu, der das hochfrequente WLAN-Signal ins Basisband heruntermischt und damit die LED steuert. Die endgültige Version des Standards sieht zwar auch den direkten Weg vor, also das Auskoppeln des Basisbandsignals vor dem Hochfrequenz-Modulator. Jedoch sind mir bis heute keine Chips bekannt, die diese Möglichkeit bieten.
Zum anderen ist man auf die Idee verfallen, Chips für die Powerline-Kommunikation zu verwenden. ITU-T G.9960 beschreibt eine Lösung zur Datenübertragung auf Niederspannungsnetzen im häuslichen Bereich, auch als G.hn bezeichnet. Dabei wird auch mit OFDM gearbeitet. Darüber hinaus setzt G.hn Adaptive Bitloading ein und weist damit den einzelnen OFDM-Unterträgern individuelle Bitraten zu. Mit dieser Maßnahme lässt sich die OFDM auf die stark frequenzabhängige Übertragungseigenschaft von Stromleitungen anpassen.
Da auch LEDs frequenzabhängige Übertragungseigenschaften aufweisen, ist G.hn also eine passende Basis. Der Li-Fi-Standard von ITU-T wurde 2019 unter der Nummer G.9991 veröffentlicht, auch unter G.vlc bekannt (VLC = Visible Light Communications).
Passend zu diesen zwei Varianten gibt es zwei Hersteller, die Li-Fi-Produkte feilbieten. Die einen auf Basis von G.vlc, die anderen gemäß IEEE 802.11bb. Zwei Beispiele:
- Licht durchdringt bekanntermaßen keine Wände. Und wenn man die Fenster abdunkelt, kann Li-Fi-Kommunikation nicht nach außen dringen, ganz im Gegensatz zu Wi-Fi. Doch auch im Außenbereich lässt sich ein gerichteter Lichtstrahl schlecht abhören oder stören. Daher bewerben beide Hersteller ihre Produkte für militärische Zwecke, bei denen es auf Abhör- und Störsicherheit ankommt. Neben Produkten zur Ausleuchtung von Besprechungsräumen habe ich die Idee entdeckt, (Militär-)Flugzeuge mit Daten zu versorgen, während sie sich auf einem Flughafen-Vorfeld bewegen.
- Licht durchdringt bekanntermaßen Fensterglas, während Funkwellen oft daran scheitern, wenn es nur ausreichend mit Metall bedampft ist. Witzig fand ich die Idee, Li-Fi Transceiver beidseits auf ein Fenster aufzukleben, um Daten hindurchzusenden. Man kann damit z. B. High-Speed-Internet ins Haus bringen, ohne Löcher in die Wand bohren zu müssen.
Daneben gibt es noch verschiedene „Access Points“ – etwa als Teil von Deckenleuchten – und die bereits erwähnten Client-Adapter. Die genannten Produkte unterstützen Netto-Bitraten zwischen 200 Mbit/s und 1 Gbit/s.
Lange nach Fertigstellung der Standards sind also bisher nur Nischenprodukte zu kaufen. Bei Wi-Fi ist es andersherum: Produkte überschwemmen den Markt lange bevor die Standardisierungsgremien sich geeinigt haben; die Industrie sorgt mit der Wi-Fi Alliance für die nötige Interoperabilität.
Fazit
Ich erwarte inzwischen nicht mehr, dass Li-Fi aus seinem Schattendasein hervorkommen wird.