aus dem Netzwerk Insider November 2025
Kennen Sie jemanden, der sich über schlechten Service im IT-Bereich beschwert? Dann sind Sie nicht allein. Der IT-Service steht allgemein in einem schlechten Licht. Es liegt in der Natur des Menschen, Gutes zu vergessen und sich an Schlechtes zu erinnern. Zufriedene Kunden melden sich selten mit Lob, unzufriedene dafür umso mehr mit Klagen, das liegt in unserer Natur (oder Erziehung?). Weil Dienstleister keine neuen Menschen als Kunden schaffen können, müssen sie besser werden, um ihren Ruf zu retten.
Eine wahre Geschichte
Alle sind im Leben von IT-Produkten weniger Weltkonzerne abhängig. Diese nutzen diese Abhängigkeit gnadenlos aus, um noch höhere Profite zu machen. Im besten Fall können sich diese Riesen einen schlechten Ruf leisten und die Probleme von Milliarden IT-Nutzern ignorieren. Kleine Dienstleister können das nicht.
Microsoft zwingt mit der Einführung von Windows 11 hunderte Millionen Kunden, neue Geräte zu kaufen. Der Ärger beschränkt sich nicht auf die Kosten für den Kauf der neuen Geräte. Der Rattenschwanz an Aufwand, Kosten und Risiko bei der Übertragung der bisher genutzten Funktionen auf das neue Gerät zieht nach, und ist oft noch ärgerlicher als das Loch, das der Preis des neuen PC im Portemonnaie schlägt.
Eine wahre Geschichte: Die Abläufe in einer Praxis sind auf das Gesamtkonstrukt aus PC, Kartenleser, Drucker, medizinischer Spezialsoftware und Sicherheitskomponenten für die Kommunikation mit Kassen angewiesen. Ohne dieses Konstrukt gibt es keine Behandlung. Also wird der Service für dieses Gesamtkonstrukt selbsterklärten Profis überlassen. Diese Profis werden für einen Betrag, der weit über die Kosten für einen PC und eine Windows-11-Lizenz hinausgeht, mit dem Ersetzen des bisherigen Windows-10-Geräts durch das neue Gerät beauftragt. Der Service-Mitarbeiter kündigt sein Eintreffen in einem Zeitfenster von mehreren Stunden an, das er auch nicht einhält, arbeitet ein paar Stunden am neuen PC, hinterlässt eine Nachricht und verschwindet. Er hinterlässt die Nachricht: Alles funktioniert.
Nichts funktioniert. Das Praxispersonal bekommt nicht einmal das neue Bitlocker-Passwort mitgeteilt. Es folgt minutenlanges Hinterhertelefonieren, um das Passwort zu erfahren. Der PC startet, doch vieles funktioniert nicht: Kein Druckertreiber ist installiert, weder Drucken noch PDF-Versand an andere Einrichtungen ist möglich. Ich erspare Ihnen die Liste fehlender Funktionen. Stundenlanges Hinterhertelefonieren, bis die beauftragte Firma einsieht, dass ein neuer Termin mit dem Service-Techniker erforderlich ist. In der Zwischenzeit müssen viele Patiententermine abgesagt werden. Bis alles wieder funktioniert wie unter Windows 10, vergehen Tage.
Es mangelt an Kommunikation
Viele wahre Geschichten der oben erzählten Sorte ruinieren den Ruf vom IT-Service allgemein. Ja, die IT ist komplex geworden. Kunden und Dienstleister sind überfordert. Dagegen muss etwas gemacht werden, sonst verbreitet sich die Meinung, das Leben hat sich mit der IT-Durchdringung verschlechtert.
Aus meiner Sicht ist Kommunikation der Schlüssel zur Besserung. Wo Einzelpersonen immer unkommunikativer werden (die Gründe hierfür würden den Rahmen dieses Textes sprengen), ist Kommunikation zu erzwingen.
Der Techniker in unserer wahren Geschichte arbeitet ohne IT Service Management (ITSM). Sein Arbeitgeber (bzw. Auftraggeber, denn häufig gibt es eine ganze Kette von Subunternehmen mit einem Freiberufler als dem letzten Glied) hat kein ITSM oder bindet den Techniker nicht in sein ITSM ein. Mit einem ITSM hätte der Techniker bereits beim ersten Termin alle Schritte dokumentiert, die er durchgeführt hat. Das ITSM, landläufig auch als Ticketsystem bekannt, hätte ihn vielleicht sogar in einer Knowledge Base mit einem Standardablauf für die mehr als hundertfach wiederholten gleichen Schritte ausgestattet.
Wann lohnt sich ein ITSM?
Ein ITSM ist nicht zum Nulltarif zu beschaffen, einzurichten, zu warten und zu nutzen. Selbst eine Open-Source-Software muss mit einem nicht zu vernachlässigenden Aufwand implementiert und betrieben werden. Es stellt sich die Frage, ab welchem Umfang an Aufgaben diese am besten mit einem ITSM zu organisieren sind.
Eine genaue Antwort darauf kann ich nicht geben. Ich kann nur davon berichten, dass der IT-Support bei ComConsult für die Wahrnehmung seiner Aufgaben für die weniger als 100 Personen zählende Belegschaft des Unternehmens ein solches System eingeführt hat. ComConsult mit ihrem IT-affinen Personal, das sich oft selbst helfen kann, ist vielleicht keine repräsentative Firma. Ich gehe davon aus, dass sich für die meisten Organisationen die Einführung eines ITSM bereits ab einer wesentlich kleineren Mitarbeiterzahl als 100 lohnt.
Selbst ohne ITSM kann Kommunikation geordnet werden
Wie sieht eine optimale Kommunikation aus, wenn man ohne ITSM arbeitet? Es gibt schließlich kleine Organisationen, für die ein ITSM ein übertriebener Formalismus wäre. Und auch Institutionen ohne ITSM müssen Abläufe organisieren, die nicht Ticket-basierend durchzuführen sind. (Randbemerkung zum Arbeiten ohne Tickets: Ich kenne Organisationen, die ihre meisten Abläufe Ticket-basierend ordnen. Dabei ist der Zugriff auf ITSM der typische allmorgendliche Schritt zwischen Starten des Rechners und Kaffeeholen.)
Unabhängig davon, ob man Kommunikation mit E-Mail oder einem UCC-System wie Microsoft Teams organisiert, sollte man Regeln etablieren. Einige Beispiele:
- Um Arbeit zuzuweisen, sollte man gezielt eine Person adressieren, statt mehrere mit den Worten „Könnt ihr mal bitte…“ anzusprechen. Ausnahmen sind funktionale E-Mail-Adressen oder ähnliche Mechanismen, für die ein geordneter Ablauf etabliert ist. Wenn ich den Fuhrpark um eine Dienstleistung bitte, müssen die zugehörigen Mitarbeiter etwa auf dasselbe Postfach zugreifen und die Bearbeitung des Posteingangs übernehmen. Sonst droht Doppelarbeit, oder der Anforderer bürdet mehreren Personen den Aufwand der internen Kommunikation auf. Letzteres sollte die Ausnahme sein. Der Anforderer sollte in Ermangelung eines ITSM oder eines funktionalen Postfachs eine bestimmte Person ansprechen und höchstens andere Personen „auf CC setzen“, also nur informieren, ohne sie auch zum Handeln aufzufordern.
- Organisationsintern kann man in der Regel immer vor einem Service Request prüfen, welchen Status die adressierte Person hat. Ist sie krankgemeldet? Hat sie Urlaub? Ist sie auf Dienstreise? Ist sie ganztägig in Besprechungen? Ich versuche mir anzugewöhnen, den Kalender meiner Kollegen zu prüfen, bevor ich eine Bitte an sie richte. Angefangen habe ich mit Prüfung auf urlaubsbedingte Abwesenheit. Ich versuche, niemals eine dienstliche Nachricht an eine im Urlaub befindliche Person zu senden, wenn ich von ihrem Urlaub wissen kann. Zumindest firmenintern kann ich das. Ihre Kollegen werden es Ihnen danken, wenn sie nach ihrem Urlaub keine unerledigte Nachricht von Ihnen in ihrem Postfach vorfinden. Man muss etwas gegen überquellende Posteingänge tun, die insbesondere den ersten Arbeitstag nach dem Urlaub belasten.
- Die Aufforderung oder Bitte um Unterstützung muss klar von reiner Information zu unterscheiden sein, am besten auch in der Betreffzeile der Nachricht. Wenn in einer Nachricht ein Service Request mit Zusatzinformationen kombiniert werden muss, sollte am besten in zusammenhängenden Absätzen die eigentliche Bitte bzw. Aufforderung kenntlich gemacht werden. Diese Absätze können am Anfang oder Ende einer Nachricht sein. Oft ist es so, dass man prophylaktisch Zusatzinformationen liefert, die der Adressat bereits kennt. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Nur sollte rein Informatives von der konkreten Anforderung getrennt sein. Unser Bid Management praktiziert das zum Beispiel. Wenn ich aufgefordert werde, eine öffentliche Ausschreibung zu prüfen, sind die an mich gerichteten konkreten Fragen oder Aufgaben klar erkennbar. Ich lese zuerst diesen Teil und entscheide selbst, welche Zusatzinformationen ich für die Beantwortung der Frage oder Erledigung der Aufgabe brauche.
- Leider bekommt man viel Spam. Da ich weiß, dass Abwesenheitsnotizen den Spam-Sendern helfen, richte ich urlaubsbedingte Abwesenheitsnotizen nur an die internen Kollegen ein. Vor dem Urlaub versuche ich alle Kunden zu informieren, für die ich in einem laufenden Projekt tätig bin. Natürlich ist meine Art des Umgangs mit Abwesenheitsnotizen eher ungewöhnlich. Meistens lässt man die Information über Abwesenheit allen angedeihen, d.h. sowohl Kollegen als auch Geschäftspartnern. Man kann auch beides tun, d.h. sowohl vorab informieren als auch die Abwesenheitsnotiz für alle einrichten.
E-Mail-Volumen reduzieren
Mein Vorgänger in der Leitung der ComConsult Akademie, der geschätzte Kollege Dr. Suppan, plädierte jahrelang für die Ablösung von E-Mail durch ein UCC-System. Er versuchte, dieser Empfehlung durch die Prognose Nachdruck zu verleihen, E-Mail werde langfristig wesentlich an Bedeutung verlieren. Das war nicht falsch, gerade wenn ich die verbliebene Bedeutung von E-Mail für die heute 20-Jährigen anschaue. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass E-Mail neben Telefonieren immer noch der gemeinsame Nenner für die universale Kommunikation ist. Ideal wäre eine Kommunikationskultur, in der die Abgrenzung zwischen Kommunikationsformen möglichst klar ist:
- Wann kommuniziere ich von Angesicht zu Angesicht, d.h. in Person vor Ort?
- In welchen Fällen rufe ich an?
- Wie nutze ich UCC zum eigenen sowie dem Vorteil meiner Kommunikationspartner?
- Welche Anfragen formuliere ich am besten in einem Ticket?
- Wann ist E-Mail alternativlos?
Ich schließe mich meinem Vorgänger an und plädiere weiter für die Reduzierung des E-Mail-Volumens.
Im Weiterbildungsprogramm der ComConsult Akademie gibt es zum Thema IT-Management einige Seminare, zum Beispiel Service Desk im Wandel der Digitalisierung und Automatisierung oder IT-Providermanagement in der Praxis, die ich Ihnen empfehlen möchte.





