Projektinterview: Sanierung der ELT- und IT-Infrastruktur einer Grundschule nach Flutschäden
05.05.2025 / mit Peter Steufmehl sprach Christiane Zweipfennig
aus dem Netzwerk Insider Mai 2025
Im Juli 2021 erschütterte eine verheerende Flutkatastrophe Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Viele öffentliche Einrichtungen, darunter Schulen und Kindergärten, wurden schwer getroffen. Zahlreiche Gebäude wurden so stark beschädigt, dass sie nicht mehr genutzt werden konnten und umfassend saniert werden mussten. Um die Einrichtungen schnellstmöglich wieder in Betrieb zu nehmen, standen Unternehmen aus verschiedensten Gewerken unter immensem zeitlichem Druck.
Peter Steufmehl ist seit Mai 2021 bei ComConsult tätig. Nach seiner Ausbildung zum Betriebselektroniker sammelte er zwölf Jahre Erfahrung bei der Flugbereitschaft der Bundeswehr und qualifizierte sich zum Industriemeister. Nach Tätigkeiten als Projektleiter und Gruppenleiter im Maschinenbau und einer Selbständigkeit im Handwerk fand er schließlich seinen Weg zur ComConsult. Seit seinem Einstieg liegt sein Arbeitsschwerpunkt im Competence Center Elektro-Infrastrukturen in der Fachplanung und Betreuung von Projekten im Rahmen des Digitalpakts Schule, einem Förderprogramm zum flächendeckenden Aufbau einer zeitgemäßen digitalen Bildungsinfrastruktur für Schulen und ihre Träger.
Eine Grundschule hatte durch die Flutkatastrophe im Juli 2021 erheblichen Schaden erlitten. Welche Situation habt ihr damals vorgefunden?
Die Grundschule und die Kindertagesstätte lagen direkt im Überflutungsbereich eines angrenzenden Flusses. Durch das Hochwasser standen fast alle Gebäudeteile im Erdgeschoss über einen Meter unter Wasser und der Keller war komplett überflutet. Das hatte enormen Druck auf die Gebäude ausgeübt. Als wir das Gebäude besichtigten, war der Altbestand bereits teilweise geräumt, dennoch befanden sich noch zahlreiche Möbel und Gegenstände der Kinder in den Räumen, die aufgrund der Schäden unbrauchbar geworden waren. Man hatte schon mit der Entkernung begonnen, und einige Wandbeläge waren bis zu einer bestimmten Höhe entfernt worden, weil man schnell erkannt hatte, dass die Gefahr von Schimmel enorm hoch war. In der Umgebung waren Heizöltanks ausgelaufen, was die Situation noch verschärfte.
Welches Ergebnis hatte eure Grundlagenermittlung?
Zunächst galt es, eine grobe Einschätzung zu treffen, was zwingend erneuert werden musste und was noch brauchbar war. Wir haben mit der Stadtverwaltung als unserem Auftraggeber die erforderlichen Maßnahmen besprochen. Der speisende Transformator und die Niederspannungshauptverteilung, die extern in einem separaten Trafo-Haus untergebracht waren, standen ebenfalls unter Wasser. Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die betroffenen Zuleitungen im Laufe der Zeit Dauerschäden erleiden würden, stand schnell fest, dass wir die gesamte Elektro- und IT-Infrastruktur, die dort installiert war, erneuern mussten. Neben der Stromversorgung rückte auch die Sicherheitsbeleuchtung in den Fokus. Wir empfahlen, sie im Rahmen der umfassenden Sanierung neu zu bewerten und gemäß den aktuell geltenden Normen und Vorschriften ebenfalls vollständig zu ersetzen. Ein weiteres Thema war die Sprachalarmierungsanlage. Ursprünglich war nur eine akustische Lautsprecheranlage gefordert, aber wir haben auch hier dazu geraten, einen Schritt weiterzugehen und eine Sprachalarmierungsanlage zu installieren, die bei Gefahr Alarm schlagen kann. Damit können nicht nur allgemeine schulische Durchsagen, sondern im Notfall – etwa bei einem Amoklauf oder einer Evakuierung – gezielte Alarmierungen für den Kindergarten und die Schule getrennt erfolgen.
Noch bevor die Ausführungsarbeiten richtig beginnen konnten, kam es zu unvorhergesehen Verzögerungen. Was war der Grund?
Ein hochgradiger Schimmelbefall im Erdgeschoss und in den Kellerbereichen führte zu einem relativ langen Stillstand noch vor dem Start unserer geplanten Arbeiten und denen anderer Gewerke. Ein auf Schadstoffgutachten spezialisiertes Büro war zu diesem Zeitpunkt bereits involviert und hat uns durchgehend betreut. Im Zuge der Sanierung und nach mehreren Beprobungen kamen weitere dem Baujahr des Gebäudes geschuldete Schadstoffe zum Vorschein, darunter PCB, PCA, KMF und Asbest. Es war notwendig, das Gebäude in Abschnitte aufzuteilen und jeweils abschnittbezogen hermetisch abzuriegeln, um die Schadstoffe und Schimmelsporen im Gebäude zu halten und ein Austreten nach außen bzw. eine Gefährdung von Personen auf der Baustelle zu verhindern. Allerdings führte unter anderem diese Maßnahme gleichzeitig dazu, dass die durch den Wasserschaden entstandene im Gebäude verbliebene Feuchtigkeit nicht entweichen konnte. Nicht nur Teile der Grundschule, die ursprünglich wenig Feuchtigkeit aufwiesen, sondern auch die Deckenkonstruktion, die aus Holzplatten und Holzverschalung bestand, waren nun in vielen Bereichen vom Schimmel befallen. Dies hatte zur Folge, dass praktisch alle Gebäudeteile saniert werden mussten.
Zusätzlich gab es noch Komplikationen mit dem Architekten?
Ja, genau. Ein etabliertes ortsansässiges Architekturbüro war mit der gesamten Planung und Koordination der Bauausführung betraut. Der zuständige Architekt fiel aus gesundheitlichen Gründen über längere Zeiträume mehrfach aus. Das Unternehmen war relativ klein, sodass der Geschäftsführer selber die Tätigkeit übernehmen musste. Der Ausfall des Architekten hat sich nicht unbeträchtlich auf den Baufortschritt und die Geschwindigkeit des Projekts ausgewirkt, da hier ein Wissenstransfer vollzogen werden musste, ohne den Primärbeteiligten im Zugriff zu haben. Hinzu kam, dass im letzten Drittel der Bauphase das Architekturbüro von einem größeren Unternehmen übernommen wurde. Das führte erneut zu einem weiteren Architektenwechsel, was wiederum mit einem zusätzlichen Wissenstransfer und der Einarbeitung neuer Mitarbeiter verbunden war. Diese unglücklichen Umstände haben den Ablauf nicht unwesentlich beeinträchtigt.
Die ausführende Firma für den ELT- und IT-Bereich war nicht mit eigenem Personal auf der Baustelle vor Ort. Warum?
Die ausführende Firma für den Elektro- und IT-Bereich kam nicht aus der Region. Ihr Schwerpunkt lag auf der Datenverkabelung und allem, was mit IT zu tun hatte. Da in diesem Projekt der Anteil an Elektroinstallation den Großteil des Auftragsvolumens ausmachte, beauftragte der Auftragnehmer ein ortsansässiges Subunternehmen, die Elektroinstallationen durchzuführen. Dieses Unternehmen war kompetent und leistete gute Arbeit, doch aufgrund seiner Größe – es handelte sich um ein kleines mittelständisches Unternehmen – machte es anfänglich den Anschein, als ob es nicht die nötige Manpower hatte, um zu bestimmten Zeitpunkten mit einer größeren Zahl an Personen gleichzeitig zu arbeiten. Das Subunternehmen koordinierte und wickelte die Arbeiten sehr gut ab. Aus meiner Sicht gab es zu keiner Zeit Verzögerungen aufgrund der Personalkapazität dieses Subunternehmens. Die Problematik lag eher in den unterschiedlichen Erwartungshaltungen: Der Auftraggeber hatte die Vorstellung, dass mit dem Einsatz des Subunternehmens schneller Fortschritte erzielt werden könnten. Diese Differenz in den Erwartungen führte zu Unstimmigkeiten und Missverständnissen während des Projekts. Letztlich waren die Arbeiten des kleinen Handwerksbetriebs stets in Ordnung und alles wurde sehr gut umgesetzt.
Was war die Aufgabe von ComConsult in diesem Projekt?
Unsere Aufgabe in diesem Projekt war hauptsächlich die Koordination und Kommunikation zwischen den verschiedenen Schnittstellen und zwischen unserem Auftragnehmer und dem Auftraggeber. Die Stadtverwaltung trug ihr Anliegen an uns als Planungsbüro heran und wir haben diese Informationen an die ausführenden Firmen weitergegeben. In einem Projekt wie diesem, in dem relativ viele kleinere Gewerke – von Fensterbauern über Fliesenleger bis hin zu Malern und Putzern – involviert waren, war es wichtig, diese Koordination sicherzustellen. Man kann sich das wie bei einem normalen Neubauprojekt vorstellen, bei dem viele verschiedene Gewerke zusammenarbeiten. Wenn zahlreiche Akteure an einem Projekt arbeiten, führt dies zwangsläufig zu Situationen, in denen Konflikte oder Reibungspotenzial in der Ausführung entstehen.
Was war zum Beispiel passiert?
Bei der Kellerdeckensanierung musste die Dämmung aufgrund der aktuellen Wärmedämmverordnung nachgerüstet werden. Der Entschluss dazu fiel jedoch erst, als unser Auftragnehmer bereits sämtliche Kabel an der Kellerdecke installiert hatte. Aus praktischer Sicht hätte die Dämmung eigentlich vorher eingebracht werden müssen, sodass man die Kabel danach unterhalb der Dämmung hätte installieren können. Oder man hätte die Kabel demontieren und nach den Dämmarbeiten wieder montieren müssen. Wegen des Zeitdrucks wurden stattdessen die Kabel einfach von der Decke entfernt, um die Dämmung anzubringen, ohne zu berücksichtigen, dass dies unser Gewerk beeinträchtigte. Im Nachgang führte das zu einer erheblichen Koordinationsaufgabe, da unser Auftragnehmer meinte, er könne nicht für die entstandenen Schäden haften, weil ein Fremdgewerk eingegriffen hatte. Der Auftraggeber wiederum argumentierte, dass wir unser Gewerk hätten schützen müssen. Das war eine sehr einschneidende und konfliktbeladene Situation.
Gab es weitere besondere Vorkommnisse?
Trotz der fast hermetischen Abriegelung kam es zu mehreren Fällen von Kabeldiebstählen. Der Bereich war mit Bauzäunen gesichert, doch die Diebe fanden einen Weg, in den Kellerbereich zu gelangen. Dort gab es Öffnungen, die im Zuge von Hochwasserschutzmaßnahmen erneuert worden waren, wodurch sie leichter zugänglich wurden. Unsere Zuleitungen, darunter auch die Baustromversorgung und Kabel für die neue Niederspannungshauptverteilung, lagen teilweise bereits fertig verlegt aus. Die Diebe schnitten die Kabel ohne Rücksicht auf die mögliche Spannung rigoros durch und stahlen zum Teil das Material. Es entstand ein erheblicher Schaden. Besonders die dickeren Kabel, die zur Hauptstromversorgung dienten, wurden gewaltsam beschädigt. Ein solches Kabel wiegt 50 bis 60 Kilo pro Meter, und um das Material abzutransportieren, zerschnitten die Diebe die etwa 70 Meter lange Zuleitung in viele Stücke. Diese Vorfälle hatten für uns einen beträchtlichen Aufwand zur Folge, da die beschädigten Kabel nicht weiterverwendet werden konnten und zahlreiche Gespräche mit den Versicherungen und allen anderen Beteiligten erforderlich waren.
Welchen Einfluss hatten die Verzögerungen auf die zeitliche Planung der Arbeiten?
Es war ursprünglich vorgesehen, dass das Gebäude Ende 2023, spätestens jedoch im Januar 2024, in Betrieb genommen werden sollte. Aufgrund der notwendigen Entkernungsmaßnahmen und der dadurch bedingten Verzögerungen hat sich der Zeitrahmen jedoch erheblich verschoben, sodass die Abnahme erst ein Jahr später im Dezember 2024 erfolgen konnte. Derzeit befinden wir uns in der Phase der Restarbeiten und Mängelbeseitigung. Dazu zählt in diesem Fall unter anderem auch die Revisionsdokumentation. Da sich während der Bauphase ständig Änderungen ergaben, war es schlichtweg nicht möglich, die Dokumentation frühzeitig abzuschließen. Aktuell arbeitet der Auftragnehmer mit Hochdruck an der Fertigstellung der Pläne, z. B. für die Schrankaufbauten, die Unterverteilung und die Messprotokolle. All diese Dokumente werden wir als vollständige Dokumentation der neu installierten IT-Infrastruktur nach Fertigstellung an den Auftraggeber übergeben. Momentan liegen noch nicht alle Dokumente vor, doch bin ich zuversichtlich, dass wir auch diesen Teil in den nächsten Wochen abschließen können.
Was hat letztendlich dazu geführt, dass das Projekt nun kurz vor dem Ende steht?
Während der Sanierungs- und Bauphase mussten die Kindergarten- und Schulkinder kontinuierlich in anderen Einrichtungen untergebracht und betreut werden. Das brachte natürlich zusätzliche logistische Herausforderungen mit sich. Schließlich signalisierten die angrenzenden Bildungseinrichtungen, die die Kinder aufgenommen hatten, dass das Projekt endlich abgeschlossen werden müsse. Am Ende entstand erheblicher zeitlicher Druck. In dieser Situation leisteten die ausführenden Firmen aus meiner Sicht hervorragende Arbeit. Sie arbeiteten sehr gut zusammen und stimmten sich kooperativ ab. Ich wünschte, Kommunikation und Koordination auf der Baustelle würden auch in manch anderen Projekten genauso gut klappen. Die Kommunikation zum Bauherrn und zu einem zwischengeschalteten Projektsteuerer funktionierte, mit wenigen Ausnahmen, ebenfalls reibungslos. Letztlich war die gelungene Abstimmung zwischen den ausführenden Firmen entscheidend dafür, dass alle Arbeiten zum aktuellen Zeitpunkt abgeschlossen werden konnten. Wäre diese Zusammenarbeit nicht so einwandfrei verlaufen, hätte der neu gesetzte Fertigstellungstermin eventuell nicht eingehalten werden können.





