1,6 Terabit-Ethernet und Co-Packaged Optics: Geschwindigkeit hat ihren Preis
01.07.2025 / Andrès Gammersbach
Gerade erst sind 800 Gigabit-Ethernet‑Transceiver bestellbar, da zündet die IEEE‑Arbeitsgruppe P802.3dj schon die nächste Stufe: 1,6 Terabit-Ethernet, dessen Standard bereits 2026 verabschiedet werden soll. Doch wer glaubt, man stecke einfach ein doppelt so schnelles Modul in den gleichen QSFP‑ oder OSFP‑Slot, irrt. Jede Verdopplung der Baudrate treibt die SerDes‑Kanäle näher an ihr Rauschlimit. Mehr Takt bedeutet mehr Leistung, und irgendwann wird die Kupferleitung auf dem Switch‑Board selbst zum Flaschenhals.
An dieser Stelle kommen Co‑Packaged Optics (CPO) ins Spiel. Statt Laser‑ und Fotodioden in steckbare Module zu packen, rückt man die CPO direkt in die Nähe des Switch‑ASICs. Das spart mehrere Zentimeter verlustträchtiger Kupferleitung, senkt Jitter und verringert die Signaldämpfung. NVIDIA hat das im März 2025 eindrucksvoll demonstriert: Die neuen „Spectrum-X Photonics“‑Switches beherbergen 128 × 800‑GbE‑Slots oder sogar 512 × 800‑GbE‑Slots und sollen dabei eine dreieinhalbfache Energieeffizienz gegenüber klassischen Pluggables erreichen.
Doch die Geschwindigkeit hat ihren Preis. Fällt heute ein Transceiver aus, kann das Modul im Live-Betrieb ersetzt werden. Bei CPO sitzt die Optik im Chip‑Package: Stirbt eine Laserdiode, muss schlimmstenfalls der ganze Switch auf den Ersatzteilstapel wandern. Gleichzeitig verschärft sich das Problem Abwärme, da die Komponenten auf immer kleineren Raum zusammenrücken. Schon ein aktuell verfügbarer 51,2‑Tbit/s‑ASIC wie Marvells Teralynx 10 ohne CPO genehmigt allein rund 500 W, addiert man 64 × 800‑GbE‑Slots, landet man locker bei über einem Kilowatt Abwärme, die kompensiert werden muss. Flüssigkeitskühlungen halten damit unvermeidbar Einzug in die Netzwerkkomponenten. NVIDIA implementiert diese bereits in ihre „Quantum-X Photonics“-InfiniBand-Switches, die parallel mit den zuvor genannten Ethernet-Switches angekündigt wurden.
Auch die Lieferkette bleibt ein offener Punkt. CPOs stammen bislang von wenigen Unternehmen. Selbst Branchengrößen bündeln Kräfte, um marktreife Produkte zu liefern. NVIDIA kollaborierte für die neuesten CPO-Switche unter anderem mit TSMC, Coherent, Corning Incorporated, Foxconn und Lumentum. Ohne MSA-ähnliche Standards droht ein massiver Vendor Lock‑in: Wer sich früh festlegt, ist Jahre an einen einzigen Zulieferer gebunden. Für die meisten Rechenzentren empfiehlt sich deshalb ein Hybridpfad: heute 400- oder 800‑GbE‑Transceiver (QSFP‑DD / OSFP) ausrollen, parallel Rack‑Layouts auf höhere Kühllast trimmen und die CPO‑Roadmaps eng verfolgen.
Das Fazit lautet also: CPO ist keine nette Fußnote, sondern die logische Antwort auf den Datenhunger von KI‑ und Cloud‑Workloads. Dennoch empfiehlt sich nüchterne Planung statt Technologie-Hype. Wer heute seine Switch-Roadmap definiert, tut gut daran, 800‑GbE‑Transceiver einzuplanen und parallel die CPO-Rahmenbedingungen zu schaffen. Geschwindigkeit gibt es nicht gratis, aber wer Kühlung, Service-Prozesse und Lieferstrategien rechtzeitig im Griff hat, wird die Schritte zu 1,6 TbE erfolgreich meistern.
Quellen
- IEEE P802.3dj Timeline, November 2024 https://www.ieee802.org/3/dj/projdoc/timeline_3dj_241114.pdf
- IEEE „Co-Packaged Optics Integration for Hyperscale Networking“, August 2023 https://eps.ieee.org/images/files/Photonics_TC_Co-Packaged_Optics_Final.pdf
- Frontiers of Optoelectronics „Co-packaged optics (CPO): status, challenges, and solutions“, März 2023 https://link.springer.com/article/10.1007/s12200-022-00055-y
- NVIDIA Pressemitteilung „Spectrum‑X CPO Switches“, März 2025 https://nvidianews.nvidia.com/news/nvidia-spectrum-x-co-packaged-optics-networking-switches-ai-factories
- ServeTheHome, „Inside a Marvell Teralynx 10 51.2 T Switch“, Dezember 2024 https://www.servethehome.com/inside-a-marvell-teralynx-10-51-2t-64-port-800gbe-switch/