IPv6 wurde 1998 durch die IETF standardisiert und ist als Nachfolger von IPv4 ein Thema unserer Seminare. Im Rahmen unserer Vorträge taucht neben der Frage, ob dieser Standard überhaupt notwendig ist, auch sehr häufig die Frage auf, ob IPv6 langfristig ausreichen wird oder ob bereits über einen IPv7-Standard nachgedacht wird. In diesem Zusammenhang wies vor Kurzem ein Seminarteilnehmer auf IPv6+ als vermeintlichen Nachfolger von IPv6 hin.
IPv6 wurde 1998 durch die IETF standardisiert und ist als Nachfolger von IPv4 ein Thema unserer Seminare. Im Rahmen unserer Vorträge taucht neben der Frage, ob dieser Standard überhaupt notwendig ist, auch sehr häufig die Frage auf, ob IPv6 langfristig ausreichen wird oder ob bereits über einen IPv7-Standard nachgedacht wird. In diesem Zusammenhang wies vor Kurzem ein Seminarteilnehmer auf IPv6+ als vermeintlichen Nachfolger von IPv6 hin.
Zuallererst ergibt sich damit die Frage: Brauchen wir nach IPv6 einen neuen IP-Standard? Die korrekte Antwort lautet: Das weiß man nicht. Möglicherweise könnte es irgendwann sinnvoll sein, aber kurzfristig ist dies nicht zu erwarten.
Eine weitere Frage lautet: Ist IPv6+ ein solcher Nachfolger? Tatsächlich wird IPv6+ manchmal als zusätzlicher Standard verstanden. Ein neuer Standard ist IPv6+ jedoch nicht. Vielmehr handelt es sich um eine Zusammenstellung von RFCs und Teilen des IPv6-Standards, die einige Hersteller unter der Bezeichnung IPv6+ zusammengefasst haben (siehe hierzu auch: https://www.ipv6plus.net/).
Grundlagen von IPv6+
Die grundlegende Technologie basiert auf IPv6-Standards. Hierzu zählen die üblichen Funktionen, wie Adressierung, Adresskonfiguration und Kommunikation. Entsprechende RFCs können als Teil von IPv6+ verstanden werden. Ergänzt werden diese durch RFCs, die zusätzliche Funktionen definieren. In IPv6+ Version 1.0 umfassen diese insbesondere das Segment Routing (SRv6).
Die Idee beim Segment Routing besteht darin, dass ein IPv6-Paket nicht nur mit Sender- und Empfänger-IP-Adresse versehen wird, sondern zusätzlich über einen entsprechenden Extension Header eine Liste von sogenannten Segment-IDs (SIDs) enthält. Diese stellen IP-Adressen von Routern dar, die das Paket auf seinem Weg durchlaufen soll. Empfängt einer dieser Router das Paket, leitet er es an die nächste Adresse in der SID-Liste weiter. Durch Segment Routing wird der Weg eines Datenpakets folglich nicht vollständig den Routing-Tabellen im Netzwerk überlassen, sondern kann gezielt durch die SID-Liste beeinflusst werden.
In klassischen Unternehmensnetzwerken erscheint der Nutzen dieser Möglichkeit eher begrenzt. Dort verlässt man sich üblicherweise auf die Konfiguration von Routing und die entsprechenden Routing-Protokolle. In Netzwerken, die bisher auf MPLS basieren und wo Provider Label-basiertes Routing definieren, könnte dies durch SRv6 ersetzt werden. Datenpakete unterschiedlicher Mandanten im Netz können über unterschiedliche Router geleitet werden.
IPv6+ stellt also keinen Standard und auch keine Weiterentwicklung von IPv6 dar. Der Fokus liegt auf Technologien, die vor allem im Providerumfeld Nutzen haben. Für Unternehmensnetze kommt SRv6 demnach eher selten in Betracht.
Trotz dieser Einschätzung lässt sich über den Nutzen von SRv6 oder IPv6+ diskutieren und darüber, in welchen Fällen sie sinnvoll erscheinen könnten. Beispielsweise hat die chinesische Regierung bereits 2022 versucht, IPv6+ als festen Bestandteil der Vorgaben der ITU (Internationale Fernmeldeunion) zu etablieren, wie heise.de damals berichtete (https://www.heise.de/news/Angst-vor-Zensur-China-wirbt-im-Protokollkrieg-auf-ITU-Ebene-fuer-IPv6-7134187.html).
Fazit
Abschließend kann man zwei Punkte festhalten. Bestimmte Kommunikationsszenarien (vergleichbar zu MPLS-basiertem Routing) lassen sich bei SRv6 mit IPv6-Bordmitteln umsetzen. Die Nutzung von SRv6 ist bei Bedarf auch ohne die Bezeichnung IPv6+ möglich, soweit die entsprechenden Komponenten dies unterstützen.
Zur ursprünglichen Frage, ob IPv6 noch lange ausreicht – oder genauer, wie lange es noch reichen wird – lässt sich vermutlich keine abschließende Aussage treffen. Auch bei IPv4 ging man ursprünglich von einer langen Lebensdauer des Standards aus. Konkrete Pläne für eine Ablösung von IPv6 sind derzeit nicht bekannt.





