Projektinterview: Umfassende IT-Dokumentation: Das A und O für die Planung eines erfolgreichen Rechenzentrumsumzugs
02.06.2025 / mit Gian Luca Ehlers sprach Christiane Zweipfennig
aus dem Netzwerk Insider Juni 2025
Eine sorgfältige und umfassende IT-Dokumentation ist ein unverzichtbarer Bestandteil bei der Planung und Durchführung eines Rechenzentrumsumzugs. Sie bildet die Grundlage für einen reibungslosen Ablauf, minimiert Risiken und sorgt dafür, dass alle Beteiligten stets den Überblick behalten.
Gian Luca Ehlers ist seit rund vier Jahren bei ComConsult tätig. Nach seiner abgeschlossenen Ausbildung zum Fachinformatiker für Systemintegration ist er nun seit fast einem Jahr als Berater eingestellt. Anfangs unterstützte er bei kleineren Projektaufgaben, wurde mit der Zeit aber immer mehr in Projekte involviert und übernahm zunehmend Verantwortung. Im Competence Center Cloud und Data Center unterstützt er bei Ausschreibungen sowie bei der Planung von Rechenzentren, sei es im Rahmen von Migrationen oder bei der Entwicklung neuer Infrastrukturkonzepte – sowohl für einzelne Rechenzentren als auch für die gesamte Firmeninfrastruktur. In diesem Interview erzählt er davon, warum es wichtig ist, bei der Planung eines RZ-Umzugs den genauen Bestand des vorhandenen Rechenzentrums detailliert zu dokumentieren.
Was ist der erste Schritt bei der Planung eines Rechenzentrum-Umzugs?
Nachdem das Angebot erstellt und uns der Auftrag erteilt wurde, findet in der Regel ein längeres erstes Treffen mit dem Kunden statt, das je nach Standort auch vor Ort sein kann. Dabei lernt man sich persönlich kennen und bespricht die wichtigsten Punkte. In diesem Meeting geht es vor allem darum, den gesamten Projektumfang zu schildern. Wir müssen wissen, womit wir arbeiten, was geplant ist, welche Anforderungen bestehen – eben alles, was für die Planung relevant ist. Unser erster Ansprechpartner auf Kundenseite ist der Projektleiter, der das Projekt intern managt. Oft nehmen auch weitere Personen von Kundenseite an der Besprechung teil – etwa aus dem Netze-Team oder der IT-Infrastruktur. Sie bringen ihre jeweiligen Erfahrungen ein und schildern, wie der Umzug aus Sicht ihres Fachbereichs ablaufen sollte. Bei solchen Terminen kann es hin und wieder zu internen Diskussionen beim Kunden kommen, weil die Mitarbeitenden unterschiedliche Vorstellungen von bestimmten Vorgehensweisen haben.
Wie beeinflusst die Qualität der Kundendokumentation den Ablauf und die Dauer eines Projektes?
Wie schnell mit den Arbeiten begonnen werden kann, hängt maßgeblich von der jeweiligen Ausgangssituation ab. Wenn uns der Kunde im Vorfeld Informationen über die Anzahl, Anordnung und Verkabelung der vorhandenen Geräte bereitstellt, erleichtert dies die Arbeitsvorbereitung und Planung erheblich. In den meisten Fällen habe ich jedoch festgestellt, dass die Kundendokumentation wenig transparent und oft veraltet oder fehlerhaft ist. Im Rahmen eines Projekts bin ich persönlich vor Ort gewesen, um mir zunächst ein Bild von der Ist-Situation zu machen und um die Dokumentation zu ergänzen. Das kann sich unter Umständen ziemlich in die Länge ziehen und umständlich sein, je nachdem, wie detailliert die Dokumentation des Kunden vorher schon war.
Welche Ausgangssituationen hast du beispielsweise vorgefunden?
In einem Projekt, bei dem es um den Austausch der Infrastruktur ging und wir ein neues Netzwerkdesign planen sollten, mussten wir die uns vom Kunden vorgelegte Dokumentation erst einmal detailliert ausarbeiten, um einen vollständigen Überblick über die Ausgangslage zu erhalten, damit wir anschließend entsprechend neue Geräte verplanen und bestellen konnten. In einem anderen Projekt war die Dokumentation so spärlich, dass wir jeden einzelnen Schrank im Rechenzentrum inspizieren und jedes Gerät manuell überprüfen mussten, um festzustellen, was umgezogen werden sollte. Ich habe mich vor allem mit den Switches beschäftigt, doch spielten auch Server eine Rolle. Je nach Qualität der Dokumentation und vorgefundener Ausgangssituation kann vorab ein hoher Aufwand für die Erfassung des aktuellen Bestands entstehen, bevor wir mit der eigentlichen Planung beginnen können.
Welche Bedeutung hat eine sorgfältige Dokumentation der Verkabelungsplanung?
Die Verkabelungsplanung ist ein Schritt, dessen Aufwand nicht unterschätzt werden sollte. Es sind eben nicht nur Kabel, die an einem Gerät gesteckt und am anderen Gerät ankommen müssen. In der Praxis ist das deutlich komplexer. Schaut man sich ein Rack von vorne an, sieht man oft eine große Menge an Kabeln, die quer durch den ganzen Schrank führen. Nicht zu vergessen die Kabel, die an der Rückseite der Geräte gesteckt wurden und über mehrere Schränke hinweg entlangführen. Sehr wahrscheinlich sind diese, ohne aufwendige Handarbeiten, mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen. Ohne klare Dokumentation ist nur schwer ersichtlich, was an den Kabeln angeschlossen ist, welche Geräte verbunden sind und wie die Verkabelung insgesamt verläuft.
Daher ist es von Anfang an essenziell, jede Kabelverbindung genau zu erfassen. Das bedeutet, jedem Kabel eine eindeutige Nummer zu geben und diese in einer Dokumentation festzuhalten, beispielsweise in einer Excel-Datei. Dabei sollte auch vermerkt werden, welche Geräte, oder Schränke wie verbunden sind und wie die Kabel durch das Rechenzentrum verlaufen – normalerweise läuft nicht nur ein einziges Kabel von Komponente zu Komponente, sondern es sind mehrere Kabel über mehrere Patchpanel hinweg. Das sollte ebenfalls dokumentiert werden. Für die Dokumentation könnten Label an beiden Kabelenden aufgeklebt werden. Führt man dasselbe auch mit Komponenten und Hostnamen durch, erhöht das die Transparenz enorm.
Diese Art der Dokumentation ist zwar aufwendig, aber sie zahlt sich langfristig aus. Sie erleichtert spätere Änderungen, Erweiterungen oder Fehlerbehebungen erheblich, weil man genau weiß, wo was angeschlossen ist. Ohne eine solche systematische Dokumentation wird die Arbeit deutlich komplizierter, zeitaufwändiger und fehleranfälliger. Deshalb sollte man von Anfang an Wert auf eine umfassende Kabel- und Geräte-Dokumentation legen, um im laufenden Betrieb effizient arbeiten zu können und zukünftige Eingriffe reibungslos durchführen zu können.
In welchen Situationen machen sich die Vorteile einer guten Dokumentation besonders bemerkbar?
Besonders dann, wenn externe Dienstleister mit einem RZ-Umzug vom Kunden beauftragt wurden, ist es sehr wichtig, alles genau zu dokumentieren und zu kennzeichnen, weil sie vielleicht keine Fachkenntnisse über die Geräte und Verkabelung haben – geschweige denn über die Infrastruktur des Kunden. Ohne klare Kennzeichnungen und Dokumentation ist es für sie schwierig, die Geräte richtig auszubauen und wieder anzuschließen. Deshalb sollte man Kabelnummern, Hostnamen und die genaue Position der Geräte festlegen, um den Umzug transparent und reibungslos zu gestalten.
Welchen Umfang können Excel-Tabellen zur Erfassung aller IT-Geräte haben?
Oft werden für die Erfassungen und Dokumentationen Excel-Tabellen genutzt. Sie bestehen häufig aus mehreren hundert Zeilen – in manchen Fällen sogar im vierstelligen Bereich – wenn jedes Gerät, jeder Switch, Server und jede Verbindung gelistet wird. In diesen Tabellen werden detaillierte Informationen erfasst, wie Hostnamen, IP-Adressen, die Höheneinheiten in den Schränken sowie die Verbindung zu anderen Switches und Interfaces. Die Tabellen sind also sowohl in der Tiefe (viele verschiedene Geräte und Details) als auch in der Breite (jede Verbindung und Konfiguration) sehr umfangreich. Natürlich können diverse Informationen auch auf mehrere Dateien aufgeteilt werden. Das Ziel ist, eine klare und umfassende Übersicht aller Komponenten zu haben, um bei Wartungen, Umzügen oder Fehlerbehebungen schnell und präzise arbeiten zu können.
Wie kann man z. B. als externer Dienstleister in diesem riesigen Dokument den Überblick behalten?
Werden im Falle von Umzugs- oder Einbauarbeiten externe Dienstleister hinzugezogen, sind diese auf eine transparente und fehlerfreie Dokumentation angewiesen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die externen Dienstleister zum Arbeitsbeginn weder die Dokumentation noch die Infrastruktur kennen und deshalb zunächst etwas Unterstützung benötigen. Dabei habe ich bereits im Rahmen eines Projektes mitgewirkt. Bevor in diesem Projekt mit den produktiven Arbeiten begonnen wurde, haben das Projektteam und ich einen halben Tag dafür genutzt, dem Einbauteam den Ablauf zu erklären. Ihm wurde sowohl das Rechenzentrum gezeigt als auch die Dokumentation erläutert. Die Spalten in der Dokumentationstabelle, die für das Einbauteam relevant waren, haben wir entsprechend markiert. Die Arbeiten konnten dann ohne Probleme begonnen werden.
Warum schreibt ihr für den RZ-Umzug „Drehbücher“?
Bei komplexen IT-Projekten, wie momentan bei einem Großkonzern, planen wir die Abläufe für den RZ-Umzug im Voraus sehr genau und schreiben sogenannte „Drehbücher“. Hier beschreiben wir Schritt für Schritt sehr ausführlich, was bei den vielen Hardwarekomponenten und Kabeln von den externen Dienstleistern durchgeführt werden muss – etwa das Herausnehmen eines Switches aus einem Schrank, das Einsetzen in einen anderen Schrank und die Verkabelung. Diese detaillierten Anleitungen sind besonders hilfreich für Laien oder externe Teams, die nicht mit dem Projekt oder der Hardware vertraut sind. Es ist unerlässlich, klare Vorgaben zu machen, damit die Arbeiten nach unseren Standards ausgeführt werden.