Sesam, öffne dich! Wie aus einer smarten Türöffnung in einem Wohnquartier eine Erfolgsgeschichte werden kann.
02.07.2025 / Stephan Bien
aus dem Netzwerk Insider Juli 2025
Vorweg sei erwähnt, dass dieser Artikel nicht von Räubern oder dem Zugang zu einer geheimen Diebeshöhle handelt. Die Gemeinsamkeit erschließt sich aus der kabellosen Zutrittslösung. Was in der Geschichte 1001 Nacht – Ali Baba und die 40 Räuber mit Zauberei funktioniert, wird im realen Leben mit dem Zusammenwirken von Technologien gelöst. Dieser Artikel berichtet aus dem Projektgeschehen bei der Errichtung eines digitalen Stadtquartiers, über das ich bereits in meinem Interview aus der Augustausgabe 2024 [1] gesprochen habe.
Einleitung
Für die Bewohner eines Quartiers wurde ein ganzheitliches Digitalisierungs- und Innovationskonzept zum digitalen Wohnen entwickelt. Auf dem betroffenen Areal wurden sowohl Neubauten errichtet als auch denkmalgeschützte Bestandsgebäude modernisiert. Im Fokus der Nutzung befindet sich der Mietwohnungsbau. Die entstehenden Wohnbereiche werden mit einem vielfältigen Nutzungskonzept kombiniert. So sind in den Erdgeschosszonen Gewerbeeinheiten für den Einzelhandel und andere Dienstleistungen angeordnet. Daraus entsteht eine Mischung aus Wohnen, Arbeiten und Freizeit, die das integrative Zusammenleben unterschiedlicher Zielgruppen und Generationen beflügeln soll.
Im Projekt wurde unter dem Digitalisierungsbaustein Smart Access und Smart Living eine Zutrittstechnik für Wohngebäude ausgewählt, die es den Bewohnern ermöglichen soll, die Haustüren nicht nur mit dem klassischen Schlüssel, sondern auch per Token oder digitalem Schlüssel auf dem Smartphone zu öffnen.

Abbildung 1: Projektbeteiligte und Fachbereiche
Bauprojekte werden durch den steigenden Bedarf an digitalen Funktionen immer umfangreicher und erfordern ein hohes Maß an Abstimmung und Koordination. Dabei gilt ein erhöhtes Bewusstsein der Nachhaltigkeit und Qualität, die durch die gegenwärtigen Zertifizierungen nach DGNB, LEED, WireScore sowie SmartScore in den Bau- und Betriebsprozess integriert werden. Ein Bestreben, welches u.a. von den Vereinten Nationen über die sogenannten ESG-Kriterien für die Bereiche Umwelt (engl. Environment), Soziales (engl. Social) und Unternehmensführung (engl. Governance) für die Umverteilung der weltweiten wirtschaftlichen Wertschöpfung verfolgt wird. Auch im städtebaulichen Wettbewerb zeichnet sich ein stetiger Trend zur Verbesserung der Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte ab.
Projektorganisation
Die steigende Digitalisierung und Komplexität sind nichts Neues, jedoch nehmen mit dem wachsenden Bedarf an modernen Gebäuden die Aufwände der technischen Ausrüstung, Sicherheits- und Medientechnik sowie Telekommunikation und Digitalisierung erheblich zu. Es liegt in der Natur der Sache, dass am Beispiel der Projektbeteiligten und Fachbereiche aus Abbildung 1 eine Vielzahl von Teilgewerken und Nachunternehmern an einem Großbau involviert ist. Damit steigt der fachliche Abstimmungsbedarf zwischen den genannten Teilbereichen zur Errichtung eines gesamtheitlichen Digitalisierungskonzeptes stetig an.
Bei dieser nicht ungewöhnlichen Aufgabenstellung bestand im Projekt die Herausforderung, die verschiedenen Fachplaner- und ausführenden Gewerke so zu koordinieren, dass die unterschiedlichen Teilsysteme miteinander harmonieren. Die vorliegende Objektgröße und Vielfalt der Nutzungskonzepte begünstigten eine Aufteilung der Gesamtmaßnahme in mehrere Teilprojekte. Durch die Gliederung in Bestands- und Neubauobjekte wurde das Vorhaben in ein halbes Dutzend Teilprojekte gegliedert. Somit entstand eine umfangreiche Konstellation an Zuständigkeiten, wie die folgende Abbildung verdeutlichen soll.
Durch die beschriebene Strukturierung in Teilprojekte sind verschiedenste Konstellationen der Generalplaner, Generalunternehmer, Fachplaner und ausführenden Fachfirmen je Teilprojekt aufgetreten.
Die zugrunde liegenden Hersteller und Fabrikate der Hauptkomponenten waren im weitesten Sinne für alle Bauteile verbindlich. Aufgrund unterschiedlicher Zulieferquellen und Komponentenverfügbarkeiten kam es jedoch zu Abweichungen in der Gesamtausstattung. Auch die technische Ausstattung der Zutrittslösung der Hauseingangstüren war über die Bauteile hinweg nicht identisch ausgeführt. So ergaben sich auf Grundlage der beschriebenen Zusammensetzung verschiedene Gruppierungen an Teilkomponenten (z. B. Motorschlosstypen, Netzteile, etc.), was Einfluss auf die Verschaltung und Energieversorgung hatte. Eine weitere Komplexität ergab sich aus den unterschiedlichen Nutzungskonzepten der Bauteile, die im Einzelfall die Aufnahme von Gewerbeeinheiten ermöglichten, was zusätzliche Anforderungen an die Haustürtechnik stellte. Das resultierte in verschiedene und zum Teil parallele Zutrittssysteme, die in einem Gebäude zum Einsatz kamen. Diese Änderungen zogen im Bauprozess eine Reihe an Anbindungsoptionen nach sich, die über die beschriebene Projektstruktur umgesetzt werden mussten.
Technische Ausstattung der Zutrittstechnik

Abbildung 2: Organigramm
Die digitale Zutrittslösung besteht grundlegend aus einem IP-fähigen Steuergerät, welches mithilfe eines Umschaltkontaktes und einer externen Stromversorgung den Motorantrieb der Hauseingangstüre steuert. Das Steuergerät selbst bezieht seine Energie über die Ethernet-basierte Infrastruktur des quartiersweiten Digitalisierungsnetzes auf Basis von Power over Ethernet (PoE). Eine wichtige Festlegung an dieser Stelle war die Wahl der Stromversorgung, da für die Selbstversorgung als auch für die Ansteuerung des Motorantriebes eine externe Stromquelle, PoE gemäß IEEE 802.3af, PoE+ gemäß IEEE 802.3at oder eine Kombination aus externer Stromquelle und PoE verwendet werden konnte. In Abhängigkeit von der Stromversorgungsart muss ein gesonderter Schalter auf der Platine für PoE gesetzt werden. Bei Fehlkonfiguration kann der externe Verbraucher in der Leistung ungewollt begrenzt werden. Dies ist der Fall, wenn das Steuergerät in der Jumpereinstellung so konfiguriert ist, dass die Stromversorgung über PoE/ PoE+ bereitgestellt wird und zusätzlich ein externer Verbraucher mehr Leistung abverlangt, als die jeweilige Maximalleistung des zum Einsatz kommenden PoE-Standards erlaubt. Eine weitere Gefahrenquelle stellt die gleichzeitige Nutzung von PoE und einer externen Stromquelle dar, die das Gerät bei unsachgemäßer Verschaltung beschädigen kann.
In Abhängigkeit von den Leistungsdaten des Türöffners besteht weiterhin die Option, das Motorschloss über die PoE-basierte Stromversorgung des Steuergerätes mitzuversorgen. Aufgrund der geforderten Leistungsdaten des Türöffners wurde im Projekt die Verwendung einer separaten externen Stromversorgung verpflichtend festgelegt. Zwar stellt PoE mit dem aktuellen PoE-Standard PoE++ gemäß IEEE 802.3bt genügend Energie zur Verfügung, doch war das Steuergerät nicht in der Lage, diese Leistung über den Ethernet-Port zu beziehen. Auch die Switch-seitige Unterstützung wäre mit deutlich höheren Anschaffungskosten verbunden gewesen und ließ sich mit den eingesetzten Netzkomponenten nicht realisieren.
Bei der Beschaltung der Ausgangskontakte musste darauf geachtet werden, dass die korrekten Jumpereinstellungen für die jeweils verwendeten Anschlussklemmen am Steuergerät vorgenommen wurden – ein wichtiger Schritt, um die Funktionalität zu ermöglichen und die elektronischen Bauteile nicht zu beschädigen.
Aufgrund der Leitungslängen zwischen der externen Stromquelle und dem Motorantrieb lag ein besonderes Augenmerk auf der Einhaltung des vom Hersteller geforderten Spannungsfalls von maximal 15 %, der aufgrund der Kabellängen durch den Einsatz einer Parallelschaltung von Doppeladern erzielt werden konnte. Eine Alternativmaßnahme ist der Einsatz von regelbaren Spannungsquellen, um den Spannungsfall durch Anhebung der Ausgangsspannung auszugleichen.
An den Hauseingangstüren stehen Gegensprechanlagen mit IP-Kameras und zwei Bedienfelder als digitale Klingeltableaus zur Verfügung. Das zweite Klingeltableau wurde verbaut, um ein barrierefreies Klingeln zu ermöglichen. Wünschenswert, aber in diesem Projekt nicht konsequent umgesetzt, wäre eine motorbetriebene Türöffnung für alle barrierefreien Eingangsbereiche gewesen.
Um das drahtlose Öffnen der Haustüre zu ermöglichen, wurde eine Leseeinheit auf Grundlage einer RFID-Technologie in das Bedienfeld der Haustüranlage integriert. Grundsätzlich lassen sich mithilfe der Standardisierung von Übertragungstechnologien zur RFID-Identifikation Komponenten verschiedener Hersteller und Fabrikate in einem gemeinsamen Gesamtsystem verwenden. Ein solcher Industriestandard wurde durch die Open Security Standards Association e.V. (OSS) für sogenannte „Data on Card“-Offline-Schließkomponenten mit der Bezeichnung „Standard Offline“(OSS-SO) entwickelt. Er ermöglicht den herstellerübergreifenden Einsatz von Offline-Komponenten innerhalb eines Zutrittssystems in Kombination mit einem Schließmedium. Damit steht weltweit ein einheitliches RFID-Medium (MIFARE DESFire / LEGIC Advant) mit einheitlicher Administration bereit. Eine Liste der aktuellen Produkte lässt sich auf der Webseite der OSS-Association einsehen [2].
Die hier eingesetzte Leseeinheit ist mit dem Steuergerät über ein Koaxialkabel verbunden. Diese sogenannte Erfassungseinheit soll die Benutzer akustisch und visuell über die Zutrittsentscheidung informieren, wobei im vorliegenden Fall das bauseitig gestellte Gehäuse mit der vorliegenden Schalterabdeckung der visuellen Benutzerinformation im Wege steht. An dieser Stelle greift die integrierte Lösung der Gegensprechanlage der Haustüranlage, die über ein beleuchtetes Symbol das Öffnen der Tür signalisiert. Dies jedoch nur für den Fall, dass innerhalb der Wohneinheit das Öffnen der Haustüre über die Innensprechanlage erfolgt. Für den Fall des nutzerseitigen Öffnens an der Haustüre erfolgt lediglich für den Benutzer ein akustisches Signal bzw. ein Feedback über die Smartphone-App.

Abbildung 3: Teilprojekt
Die Leitungslänge des Koaxialkabels zwischen Steuergerät und Erfassungseinheit war eine besondere Herausforderung im Projekt. Laut Herstellerangabe darf die Maximallänge von 30 Metern nicht überschritten werden. Auch die Verwendung eines geeigneten Koaxialkabels ist aufgrund der herstellerseitigen Zertifizierung auf einen bestimmten Produkttyp beschränkt. Steuergeräte sind grundsätzlich an einem sabotagesicheren Ort zu installieren, um eine Manipulation zu unterbinden. Daraus ergibt sich prinzipiell die Empfehlung, das Steuergerät im Bereich der Haustüre zu verorten, was im vorliegenden Fall nicht immer konsequent umgesetzt werden konnte, sodass grenzwertige Leitungslängen in Kauf genommen werden mussten.
Zur Bedienung der haustürseitigen Gegensprechanlage ist das System mit einem Touchscreen ausgestattet und ermöglicht alle Funktionen einer mechanischen Tastatur. Somit entfällt ein großflächiges Klingeltableau. Die Suche in der bereitgestellten Kontaktliste ähnelt der Bedienung eines Mobiltelefons. Um eine maximale Akzeptanz in der Bedienung zu ermöglichen, ist ein Kompromiss zwischen Lesbarkeit der Kontaktdaten und Anzahl gleichzeitig dargestellter Kontakte erforderlich. Das Durchscrollen einer langen Kontaktliste kann sicherlich lästig sein und damit als Rückschritt gegenüber dem klassischen Klingeltableau empfunden werden. Eine zusätzliche Suchfunktion wird zwar als Alternative angeboten, jedoch ist die damit erhoffte Zeitersparnis beim Finden eines Kontaktes nicht immer gegeben. Hier sind die Hersteller gefragt, um zuverlässige und performante Lösungen für den Alltag zu präsentieren. Im Langzeitbetrieb ergaben sich insbesondere aufgrund der witterungsbedingten Schwankungen der Temperatur und Luftfeuchtigkeit enorme Anforderungen an die Zutrittstechnik im Außenbereich. So konnte bei hoher Luftfeuchtigkeit ein fehlerhaftes Auslösen in Form eines selbstständigen Auslösens des Klingelrufs beobachtet werden. Sicherlich war dies eine weitere Herausforderung für die Hersteller, einen Kompromiss zwischen modernem Design und Robustheit zu entwickeln. Sie können sich sicherlich vorstellen, wie unglücklich Mieter waren, wenn sie bei jeder Tages- und Nachtzeit von einem geisterhaften Klingelmännchen „gerufen“ wurden. Da bedurfte es eines funktionierenden Facility-Managements, das fachkundig die Ursache identifizierte und für schnelle Abhilfe sorgte.
Die Wohnungsklingel ist deutlich weniger smart. Sie ist über ein gewöhnliches Schwachstromkabel mit einer Doppelader an der Innensprechstelle der Wohnung verbunden. Damit die Klingel ihren Dienst verrichtet, ist eine Stromversorgung der Bedieneinheit der Innensprechstelle vonnöten. Diese bezieht ihre Energie ebenfalls mithilfe von PoE über das aktive Datennetz. Die Bedieneinheit in den Wohnungen fungiert als kompakte Innensprechstelle. So lässt sich der Kontakt mit den Besuchern an den Haustüren über Bild und Ton herstellen und auch die Haustüre von der Wohnung aus öffnen.

Abbildung 4: Stromversorgungsarten Zutrittstechnik
Das App-gesteuerte Öffnen der Haustüre erforderte eine Verbindung des Steuergerätes mit der Cloud-Plattform der Herstellerlösung über das Internet. Um einen sicheren und geschützten Zugang zu externen Ressourcen zu ermöglichen, wurde eine mehrstufige Sicherheitsinfrastruktur etabliert. Die Internetversorgung erfolgt dabei über redundante Internet-Serviceprovider und unterschiedliche Anbindungstechnologien. Somit lassen sich Anforderungen hinsichtlich der Verfügbarkeit und Robustheit erfüllen.
Das folgende Schema verdeutlicht den grundsätzlichen Aufbau der Zutrittslösung am Beispiel eines Gebäudes mit zwei Hauseingangstüren und den zugehörigen Wohneinheiten.
Das quartiersweite Digitalisierungsnetz stellt grundsätzlich einen sicheren Zugangspunkt für eine Vielzahl der smarten Funktionen zur Verfügung. Dazu wurde ein umfangreiches mandantenfähiges Netz bestehend aus Firewall-Architektur und mehrstufiger Netzinfrastruktur errichtet. Neben der erwähnten Zugangsmöglichkeit für interne Geräte wurde ein sicherer und zentraler Fernzugriff unter Berücksichtigung eines Berechtigungs- und Rollenkonzeptes für Wartungsgeber realisiert. Sicherlich ein Aspekt, dem in vielen Gebäuden im Smart-Building-Sektor zu wenig Beachtung geschenkt wird.
Umgang mit Versorgungsunterbrechungen
Das deutsche Stromnetz zählt zu den sichersten und stabilsten weltweit. Dennoch gehören Stromausfälle für die Netzbetreiber zum Tagesgeschäft. Kurze Stromausfälle, die beispielsweise durch Beschädigungen eines Stromkabels bei Bauarbeiten verursacht werden können, sind lokal sehr begrenzt und sorgen in der Regel für Ausfälle von wenigen Minuten oder höchstens Stunden. Großflächige und langanhaltende Stromausfälle ereignen sich in Deutschland äußerst selten. Doch aufgrund von Unwetter oder auch starkem Schneefall können wichtige Strom- oder Hochspannungsleitungen beschädigt oder gar zerstört werden. Ein Zusammenbruch des Stromnetzes infolge eines Cyberangriffs darf auch nicht unerwähnt bleiben. Nicht umsonst stuft das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die Bedrohung für kritische Infrastrukturen aus dem Cyberraum als hoch ein und fordert robuste Cybersicherheit für die Energieversorgung [3]. Sogenannte „Blackouts“, bei der eine große Anzahl von Menschen gleichzeitig betroffen sind, können nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
So kürzlich geschehen am 28. April 2025 in Spanien und Portugal. Nach Aussage der spanischen Regierung wurde dies durch aufeinanderfolgende Stromausfälle in drei Provinzen verursacht. Darauf folgten eine kaskadierte Überspannungsabschaltung und der Zusammenbruch des Gesamtsystems. Doch die Ursachenforschung geht weiter. Insbesondere, weil durch Schutzmaßnahmen des Netzbetreibers bei korrekter Funktion das Gesamtausmaß hätte gemindert werden müssen. Der Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber berichtet von weiteren Störungen, die im Vorfeld beobachtet wurden und in Zusammenhang mit dem größten Stromausfall in der Geschichte Spaniens stehen könnten [4].

Abbildung 5: Schema der Zutrittslösung am Beispiel eines Gebäudes
Die Bundesnetzagentur erfasst in Deutschland die Versorgungsunterbrechungen, die durch die Betreiber der Energieversorgungsnetze gemeldet werden. Die durchschnittliche Nichtverfügbarkeit von Elektrizität je Letztverbraucher lag im Jahr 2023 bei 12,8 Minuten [5]. Dabei ist zu beachten, dass nur ungeplante Unterbrechungen berücksichtigt werden, die länger als drei Minuten andauern und nicht auf Ereignisse der höheren Gewalt zurückzuführen sind. Extreme Ereignisse dieser Art fließen somit nicht in die Berechnung ein. Die tatsächliche Dauer der Versorgungsunterbrechung fällt somit höher aus, ist im europäischen Vergleich jedoch als gering einzustufen. Dennoch können kurzzeitige Ausfälle in der Stromversorgung oder Stromschwankungen einen negativen Einfluss auf den Betrieb auch smarter Zutrittssysteme haben – insbesondere, wenn ein Gerät dadurch beschädigt wird und nach der Netzunterbrechung nicht mehr ordnungsgemäß funktioniert.
Durch den Einsatz einer Batterie-gestützten unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) lassen sich angeschlossene Systeme vor Störungen in Form von kurzzeitigen Stromausfällen und lokalen Spannungsschwankungen schützen. Vor allem durch die Fernspeisung von Ethernet-basierten Systemen mit PoE können zentralisierte Energiekonzepte umgesetzt werden, die mit wenigen USV-Geräten eine flächendeckende Stromversorgung und erhöhte Verfügbarkeitsanforderungen realisieren. Im folgenden Beispiel sind die mit PoE betriebenen Geräte mithilfe einer PoE-Kaskade über eine zentrale USV im zentralen Technikraum gebäudeweit angebunden. Bei der erwähnten PoE-Kaskade versorgt ein zentralisierter PoE-Switch, der direkt an die USV angeschlossen ist, weitere kaskadierte PoE-Switches mit Energie. Die verteilten PoE-Switches in den Wohneinheiten stellen wiederum eine PoE-basierte Stromversorgung für lokale Endgeräte zur Verfügung. Das Stromkonzept muss dabei ganzheitlich betrachtet werden, um die während des Ausfalls möglichen Funktionseinschränkungen zu kennen und sinnvolle Vorkehrungen zu treffen.
Interdisziplinare Störungsbehebung und Zusammenarbeit
Während der Inbetriebnahme und leider auch manchmal erst nach Einzug der ersten Mieter wurden Mängel im Bereich der Haustüranlagen festgestellt. Klingelte ein Besucher an der Haustür, so konnte er über die Innensprechstelle in der Wohnung akustisch nicht verstanden werden. Aus einem gemeldeten Einzelfall entwickelte sich schnell eine hausweite Störung. Als potenzieller Verursacher wurde von dem TGA-Installationsteam zunächst die Sicherheits-Lösung vermutet. Bei der Fehleranalyse stellte sich heraus, dass das Sicherheits-Gateway die IP-Kommunikation zwischen Haustüre und Innensprechstellen in beide Kommunikationsrichtungen ungestört ermöglichte. Es ist immer wieder zu beobachten, dass die Fachverantwortlichen für ein Teilgewerk schnell den Fehler bei Fremdgewerken suchen, die auf der Baustelle gerade nicht präsent sind. So kann ein erkanntes Problem für die Techniker vor Ort schnell und bequem beiseitegeschoben werden. Ein früher gemeinsamer Austausch hilft, ein gewerkeübergreifendes Verständnis für Probleme und Lösungsfindung zu schaffen. Der Autor vertritt die Meinung, dass ein Blick über den Tellerrand für jeden Projektbeteiligten ein sinnvoller Schritt ist, der mit einem offenen Informationsaustausch schnell zum Ziel führt. Im beschriebenen Fall lag die Fehlerursache im fehlenden Umbau der Mikrofoneinheit der Haustüranlage begründet. Das im Projekt eingesetzte Produkt der IP-Türsprechanlage erfordert in Abhängigkeit von der verwendeten Modulanzahl den Umbau des Mikrofons. Die verwendete Basiseinheit umfasst zwei Module und beherbergt neben LAN-Schnittstellen sowie passiven und aktiven Schaltern auch die Einheiten für Audio- und Videotechnik. Am unteren Ende der Basiseinheit ist eine Touch-Tastatur verortet. Unterhalb der Touch-Tastatur ist werkseitig das Mikrofon am Gehäuse installiert und muss bei Verwendung des dritten Moduls (hier Leseeinheit) ebenfalls unterhalb der Touch-Tastatur positioniert werden. Erfolgt dies nicht, ist – unabhängig von den verfügbaren Einstellungsmöglichkeiten der Lautstärkeregelung – nur noch eine einseitige Kommunikation von der Wohnungseinheit zur Haustürstation möglich. Sicherlich ein Problem, das in einem Projekt nicht mehr als einmal auftreten sollte. Durch die beschriebene Projektstruktur mit unterschiedlichen ausführenden Fachfirmen und Teilprojekten wurde dieser Fehler leider wiederholt beobachtet. Selbstverständlich handelt es sich um eine Problemstellung, die mit einfachen Mitteln auf Ebene der Projektsteuerung an die Teilprojekte hätte vermittelt werden können – zumal der Hersteller auf diese Besonderheit hingewiesen hatte, dies jedoch leider nicht alle involvierten Fachfirmen erreicht hat.

Abbildung 6: Unterbrechungsfreie Stromversorgung mit PoE-Kaskade
Fazit
Eine Heldin wie Mardschana aus der orientalischen Geschichtensammlung aus Tausendundeine Nacht gab es in dem beschriebenen Projekt nicht. Aber die Projekterfahrung zeigte, dass ein offener Austausch zwischen den Projektbeteiligten und ein zielorientiertes Zusammenarbeiten zwischen den Fachplanern und ausführenden Firmen zum Erfolg führt.
Verweise
[1] Stephan Bien, Planung eines Digitalisierungsnetzwerks für IoT-Komponenten für ein Quartier, Netzwerk Insider August 2024, https://www.comconsult.com/projektinterview-planung-eines-digitalisierungsnetzwerks-fuer-iot-komponenten-fuer-ein-quartier/
[2] Open Security Standards – Kompatible Produkte, https://www.oss-association.com/oss-standards/standard-offline-by-oss/#Produkte [Zugriff am 26.05.2025]
[3] Forderung einer robusten Cybersicherheit für die Energieversorgung des BSI, https://www.bsi.bund.de/DE/Service-Navi/Presse/Pressemitteilungen/Presse2025/250521_Cybersicherheit_Energieversorgung.html [Zugriff am 26.05.2025]
[4] Heise-Artikel zum Blackout in Spanien und Portugal, https://www.heise.de/news/Blackout-in-Spanien-und-Portugal-Was-zu-Beginn-geschah-10385484.html [Zugriff am 26.05.2025]
[5] Erfassung der Versorgungsunterbrechungen der Stromversorgung im Jahr 2023 durch die Bundesnetzagentur, https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/20241111_SAIDI_Strom.html [Zugriff am 26.05.2025]