Betriebsunterstützung eines kommunalen IT-Dienstleisters
01.02.23 / mit Felix Gilleßen sprach Christiane Zweipfennig
aus dem Netzwerk Insider Februar 2023
Auch wenn Deutschland beim Thema Digitalisierung und Vernetzung im öffentlichen Sektor im weltweiten Vergleich an mancher Stelle deutlich hinterherhinkt, ist das Thema spätestens seit der Corona-Pandemie in den Kommunen angekommen. Die Verwaltungen stehen vor großen strukturellen Herausforderungen, wenn sie die Aufgaben der Zukunft meistern wollen. Um die wachsenden Aufgaben der Digitalisierung zu übernehmen, benötigen diese häufig leistungsstarke Partner für Umsetzung und Betrieb.
Felix Gilleßen ist Fachinformatiker Systemintegration und seit 5 Jahren im Team Netze bei ComConsult als IT-Berater tätig. Seit 2019 unterstützt er einen kommunalen IT-Dienstleister in zentralen Aufgaben des Betriebs.
In welchem Umfang betreut der IT-Dienstleister öffentliche Auftraggeber?
Der IT-Dienstleister hat über 750 Mitarbeiter am Hauptsitz und zwei Niederlassungen. Am Hauptsitz betreut der Dienstleister die komplette oder Teile der IT von rund 10 Städten, die in einem Kommunalverband zusammengeschlossen sind. Außerdem zählen zu seinen Kunden Energieversorger, Schulen, Non-Profit-Organisationen und auch private Unternehmen.
Warum wurde ComConsult mit ins Boot geholt?
Mit der wachsenden Digitalisierung von Städten und Kommunen und insbesondere durch den Start des Digitalpakts Schule im Jahr 2019 expandierte der IT-Dienstleister stetig. Durch die damit verbundene steigende Auftragslage konnte der IT-Dienstleister dem Arbeitsaufkommen nicht mehr Herr werden und hat ComConsult um Unterstützung gebeten.
Ist deine Arbeit bei dem Kunden ein Fulltime-Job vor Ort?
Ich arbeite nicht ausschließlich für diesen Kunden, sondern habe parallel noch weitere Projekte. Zu Beginn des Projekts waren wir zwei Tage in der Woche bei dem Kunden vor Ort. Durch Corona arbeiten wir seit 2020 komplett remote aus dem Büro oder dem Homeoffice. Wir haben wie auch bei anderen Kunden einen Remote-Zugang über eine VDI-Lösung. Wir sind jedoch auch immer wieder vor Ort, um zum Beispiel Hardware abzuholen. Aktuell sind wir ein Team von drei ComConsult-Mitarbeitern und drei Tage pro Woche für den Kunden im Einsatz. Während einer der beiden Kollegen sich ausschließlich um die Netzwerk-Hardware in den Schulen kümmert, bin ich mit dem anderen Kollegen für die Netzwerke der kommunalen und weiteren Kunden zuständig.
Was sind eure Aufgaben im Projekt?
Meistens bekommen wir Aufgabenpakete von unseren Ansprechpartnern beim Kunden. Das erfolgt über Tickets oder eine Aufgabenstellung aus dem System des IT-Dienstleisters. Beispielsweise soll eine Netzwerkausstattung für einen bestimmten Standort eines kommunalen Kunden geplant und ausgerollt werden. Oder ein Kunde hat eine Anfrage und wir prüfen die Anforderung auf Machbarkeit und setzen sie um. Die Anfragen sind sehr unterschiedlich. Das Spektrum geht von der Planung und Umsetzung neuer Netze bis zu Netzwerkerneuerungen, Änderungen oder Erweiterungen von Bestandsnetzen.
Neben den genannten Aufgaben kümmere ich mich als Projektleiter auch um die Mitarbeiter-Koordination und allgemeine Verwaltungsthemen im Projekt, wie Einsatz- und Terminplanung.
Wie sieht ein typischer Arbeitsablauf aus, wenn ein neues Netzwerk geplant werden soll?
Unsere Vorgehensweise sieht zum Beispiel so aus: Eine Stadtverwaltung möchte ein neues Büro eröffnen und muss es mit Netzwerkequipment ausstatten. Wir planen die Hardware, also das Routermodell, die Switches und so weiter und melden unser Konzept an die verantwortliche Fachabteilung zurück. Diese kümmert sich um die Beschaffung. Wenn die Hardware geliefert wurde, holen wir sie ab und bereiten die Konfiguration der Hardware und Backend-Systeme nach Vorlage des Kunden vor. Anschließend kümmern wir uns um den Einbau und die Inbetriebnahme direkt beim Kunden vor Ort. Dazu treffen wir uns mit dem IT-Verantwortlichen der Stadtverwaltung. Wir gehen in die Technikräume und verlassen sie erst wieder, wenn die neue Hardware reibungslos läuft.
Welche Aufgaben stehen an, wenn ein bestehendes Netzwerk modernisiert, aufgestockt oder modifiziert werden soll?
Bei Bestandsnetzen entspricht die vorhandene Hardware oft nicht den wachsenden Anforderungen der Digitalisierung. Die Hardware ist einfach zu alt oder zu langsam und muss komplett erneuert werden. Zum Beispiel müssen in Rathäusern die Netze häufig erweitert werden, weil neue Büros, Etagen oder Anbauten dazukommen. Teilweise reicht es allerdings auch aus, die Konfiguration der bestehenden Komponenten anzupassen, wenn zum Beispiel an einem Standort neue Geräte in einem IoT-Netz eingeführt werden sollen.
Unterstützt ihr auch bei der Wartung von Bestands-Infrastrukturen?
Auf jeden Fall. Die Infrastruktur muss immer auf dem neuesten Stand gehalten werden. Viele Kunden fragen an, ob ihre Lösung noch den aktuellen Standards entspricht. Wir bearbeiten auch Support-Anfragen, wenn Not am Mann ist. Wenn Probleme im Netzwerk des Kunden auftreten, begeben wir uns auf die Fehlersuche. Dabei helfen uns unter anderem Managementsysteme, in denen alle Informationen auflaufen. Dort können wir dann zum Beispiel prüfen, wie die Auslastung der Netzwerkgeräte ist und ob die Bandbreite der Leitungen noch ausreicht oder die vermeintliche Netzwerkstörung einen anderen Ursprung hat. Wir können dort auch sehen, ob ein Gerät selber einen Defekt hat, weil etwa ein Lüfter ausgefallen ist. So haben wir verschiedene Möglichkeiten, auf die Störung zu reagieren – je nach Fall durch ein Softwareupdate, eine Konfigurationsanpassung oder den Tausch der Hardware.
Du berätst auch bei der Lösungsfindung und der Konzeption von neuen Lösungen.
Genau. Oft erhalten wir Anfragen, ob und wie eine bestimmte Lösung, die sich ein Kunde vorstellt, technisch umsetzbar ist. Wir unterstützen dann mit unserem Know-how hinsichtlich der Fragen, wie standardisiert die Lösung ist und ob sie ausreichend gewartet werden kann. Auch wenn eine Lösung technisch umsetzbar ist, ist eine Realisierung aus Sicht des Kunden nicht immer ratsam, denn er muss die Lösung später ja gut managen und verwalten können.
Wendet sich der Kunde des IT-Dienstleisters mit seinem Anliegen direkt an dich?
Es gibt verschiedene Wege, über die eine Anfrage an uns gestellt wird. Manche Anfragen erreichen uns direkt. Das passiert, wenn der Kunde ein Ticket eröffnet und eine technische Frage hat. Wir prüfen dann die technische Machbarkeit und teilen unser Ergebnis unseren Ansprechpartnern mit. Einige Anliegen werden von anderen Abteilungen des IT-Dienstleisters wie zum Beispiel vom Produktmanagement vorgefiltert. In dem Fall spricht der Kunde des IT-Dienstleisters einen für alle IT-Belange zuständigen Ansprechpartner an, der die Anfrage an die entsprechenden Fachabteilungen weitergibt. Auch wenn wir theoretisch bestimmte Kundenanfragen eigenverantwortlich durchführen könnten, teilen wir alles mit den Mitarbeitern unseres Kunden und dokumentieren unsere Arbeiten. Irgendwann wird unser Projekt zu Ende sein und deshalb ist es wichtig, dass der Kunde immer über alles informiert ist, damit auch alles weiter funktioniert, wenn wir nicht mehr da sind.
Was ist das Besondere an diesem Projekt? Macht dir deine Arbeit Spaß?
Spaß macht mir die Arbeit in diesem Projekt auf jeden Fall. Die Besonderheit ist, dass wir direkt im Team des Dienstleisters eingesetzt sind und ganz konkret und praxisnah in viele interne Betriebsabläufe involviert sind und direkt daran mitwirken. Wir sehen, wie die Mitarbeiter unseres Kunden an die vielfältigen Aufgaben und Problemstellungen herangehen und Lösungen finden. Von diesen praktischen Erfahrungen profitieren wir, denn wir können unser gewonnenes Know-how in andere Projekte, in denen wir zum Beispiel Konzepte schreiben, einbringen. Natürlich profitiert auf der anderen Seite auch unser Kunde von uns, denn wir bringen unser Wissen aus anderen ComConsult-Projekten mit ein.
Was ist die größte Herausforderung in diesem Projekt?
Wie in den meisten Projekten haben wir auch bei diesem Kunden mit den gewachsenen Infrastrukturen zu kämpfen. Wir reden hier von Netzen, die schon seit der Token-Ring-Zeit existieren und sukzessive ausgebaut wurden. Und wir reden von in die Jahre gekommenen Gebäuden, die gar nicht darauf ausgerichtet sind, mit einer IT nach heutigem Standard versorgt zu werden. Wir treffen an diesen Standorten teilweise auf veraltete IT-Verteiler, veraltete Verkabelungen und schlecht gewartete Räume. In unseren Systemen sind diese Räume oft gar nicht oder nur unzureichend dokumentiert. Dieser Zustand entsteht dadurch, dass viele Kommunen ihre Räume und Verteiler selbst organisieren. Im besten Fall hat dort irgendwann ein Elektriker mal etwas installiert, doch es gibt auch Standorte, an denen vermutlich seit Jahren keiner mehr den Verteilerraum betreten hat. Entsprechend erwartet uns hin und wieder ein unaufgeräumter und unstrukturierter Verteiler. Wir machen dann, falls noch nicht vorhanden, eine Bestandsaufnahme und legen fest, welche Verbesserungen über die eigentlichen Arbeiten vor Ort noch durchgeführt werden können.
Lässt sich das, was ihr plant, auch immer so umsetzen?
Manchmal ist das schwierig und die Theorie scheitert an der Praxis. Oder anders gesagt: Die von uns ausgearbeitete Maximallösung lässt sich nicht immer in vollem Umfang umsetzen, da teilweise unerwartete Komplikationen bei der Inbetriebnahme auftreten. Hier muss dann schnell eine Alternative gefunden werden. Beispielsweise, wenn wir ein neues System aufbauen, das alte jedoch nicht abgeschaltet oder abgebaut werden kann, müssen wir das neue und das alte System miteinander verknüpfen. Anschließend gilt es, eine saubere Migration möglichst ohne Ausfall der Endgeräte zu planen und Probleme bei der Kompatibilität zu vermeiden. Hierdurch schaffen wir es, bestehende Lösungen durch neue, zeitgemäße Systeme zu ersetzen.
Unterstützt ComConsult auch bei der Planung der WLAN-Infrastruktur der Kunden?
Ja. Das Thema WLAN ist sozusagen ein gesondertes Projekt innerhalb des Projektes. Die meisten Gebäude der kommunalen Kunden sind flickenteppichartig nur mit einzelnen Access Points typischerweise in Besprechungsräumen ausgestattet. Durch den Trend zur Nutzung mobiler Endgeräte wie Laptops, iPads und so weiter möchte man an vielen Standorten die flächendeckende Nutzung von WLAN ermöglichen. ComConsult unterstützt mit einem größeren Team den IT-Dienstleister beim Aufbau einer WLAN-Infrastruktur bei seinen kommunalen Kunden. Grundvoraussetzung ist eine gute WLAN-Planung. Zu einer WLAN-Planung gehört eine Zellplanung, die wir entweder durch eine Simulation oder im besten Fall durch eine Ausleuchtungsmessung vor Ort durchführen. Wir begehen dann beispielsweise in einem Rathaus die Räume, die versorgt werden sollen, bauen einen Mess-Access-Point auf und messen die einzelnen Funkzellen ein. Wir dokumentieren unsere WLAN-Planung und stimmen sie mit dem Kunden ab. Dieser weiß dann genau, wo wir die neuen Access Points geplant haben und kann auf dieser Grundlage die entsprechende Verkabelung an die Positionen ziehen und die Access Points montieren lassen.
Ist ein Ende des Projektes in Sicht?
Nein, aktuell nicht. Wir unterstützen den Kunden jetzt ja schon seit circa vier Jahren. In dieser Zeit hat die Auftragslage des IT-Dienstleisters durch die steigende Digitalisierung stetig zugenommen, weil immer mehr kommunale Kunden ihre Standorte vernetzen wollen. Da sind zum Beispiel immer mehr Außenstellen, die per Router an das kommunale Netz angebunden werden. Die Hardware muss ausgerollt und auch später verwaltet werden, das heißt, es muss auch jemand bei Problemen am Standort zur Verfügung stehen. Die Arbeit wird also eher mehr als weniger und aus meiner Sicht ist da momentan auch kein Ende abzusehen. Gleichzeitig sind wir sehr gut im Team eingearbeitet und kennen bereits die internen Betriebsabläufe, viele Kunden, Ansprechpartner und Infrastrukturen.