Wie bestimmt man den Abstand zwischen BLE-Sender und -Empfänger? Ganz einfach: über die Signalstärke. Sie nimmt mit dem Quadrat des Abstandes ab. Doppelte Entfernung viertelt die Leistung an der Empfangsantenne. Und da alle BLE-Sender etwa dieselbe Sendeleistung nutzen, lässt sich über diesen Zusammenhang eine Entfernung auch absolut bestimmen. Leider gilt dieser Zusammenhang nur im freien Raum. Befinden sich Hindernisse zwischen Sender und Empfänger, wird das Signal zusätzlich gedämpft und die Messung verfälscht.
Das führt bei der Corona-Warn-App zu dem Paradoxon, dass sie in der freien Natur (in der dank Frischluft kaum Ansteckungsgefahr besteht) wesentlich „empfindlicher“ reagiert als in einem vollbesetzten Bus. Mit anderen Worten: dieses Ortungsverfahren ist für den angestrebten Zweck prinzipiell ungeeignet.
Wie könnte man es besser machen? Vielleicht über die Signallaufzeit? Diese ist im Wesentlichen unabhängig von der Dämpfung. Funksignale bewegen sich in Körpern fast so schnell wie im freien Raum, nämlich annähernd mit Lichtgeschwindigkeit. Könnte man die Zeit messen, die ein Signal von einem Smartphone zum anderen und wieder zurück benötigt, hätte man ein gutes Maß für den Abstand. 1,5 Meter ergeben etwa 10 ns. Nur, so kurze Zeiten lassen sich mit BLE nicht annähernd messen. Ein einzelner BLE-Impuls dauert 400 µs, ist also 40.000-mal so lang. Eine andere Technik muss her!
Diese Technik basiert auf ultrakurzen Impulsen von nur 1 ns Dauer. Weil sie so kurz sind, belegen diese Impulse eine sehr hohe Bandbreite, daher der Name „Ultra Wide-band“ (UWB). Das UWB-Spektrum reicht von 2 GHz bis über 10 GHz. Die Ortungsgenauigkeit liegt in der Größenordnung der Impulslänge, also bei etwa 30 cm. UWB wird seit Langem schon für diesen Zweck genutzt, z.B. in der Logistik oder in der industriellen Fertigung, etwa zur Ortung von Werkzeugen.
Wie sähe also der UWB-Corona-Alarm aus? Jeder von uns trägt ein kleines Kästchen am Halsband oder am Gürtel. Darin ein UWB-Sender, der regelmäßig Impulse aussendet. Und ein Empfänger, der empfangene Impulse als Echo zurückwirft. Sobald ausgesandte Impulse in weniger als 10 ns zurückkommen, wird Alarm geschlagen; es piept und summt.
Dieses Kästchen, einmal gebaut, könnte man um einen Sender für LoRaWAN erweitern. Dieser meldet alle Begegnungen sofort über das nächstgelegene Gateway in eine Cloud. Wird jemand positiv getestet, kann man in der Cloud ohne weiteres die möglicherweise gefährdeten Kontaktpersonen herausfinden und diese sofort in Hausarrest schicken. Das Problem des nachlässigen Users wäre damit auf elegante Weise gelöst!
Graust es Ihnen vor dieser Idee? Glauben Sie, jemand würde sich trauen, so etwas zu realisieren? Ich jedenfalls konnte es mir nicht vorstellen, bis ich auf die Website einer belgischen Firma stieß [1], die genau diese Lösung zum „Schutz“ der Mitarbeiter in Unternehmen anbietet.
Wie dem auch sei, wenn Sie mehr über die verschiedenen Techniken zur Funkortung oder auch über LoRaWAN erfahren möchten, empfehle ich Ihnen unsere neue Seminarreihe zum ComConsult Certified Wireless Engineer.
[1]: https://www.phidata.be/en/smartproximity/
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