Es ist vollbracht, der Serverraum oder das „White Space“ sind bereit und jetzt soll das IT-Equipment aus dem alten Rechenzentrum in ein neues, möglicherweise weit entferntes Rechenzentrum umziehen. Jeder hofft darauf, dass alles termingerecht funktioniert und am geplanten Tag X alle Server wieder funktionsbereit und erreichbar sind.
Doch Einpacken, Transport und Wiederaufbau setzen einen klaren Ablauf mit vielen ineinander- und übergreifenden Handlungen und Prozessen voraus, die lange vor dem Umzug geplant werden müssen. Starre Prozessformalien sind lästig, aber unerlässlich.
Einen solchen Umzug kann man, vorausgesetzt die Rack- und Verkabelungsinfrastruktur steht bereit, in 3 Phasen unterteilen:
- Vorbereitung
- Durchführung
- Nachbearbeitung
Vorbereitung
Die Vorbereitung besteht aus einem „planenden“ Teil und einem „durchzuführenden“ Teil. Ein Konzept muss die Planung in dem Umfang bzw. in der Granularität beinhalten, die zum Zeitpunkt der Erstellung möglich ist. Beschreibt ein Konzept normalerweise eine Lösung, so geht es hier vielmehr um die Festlegung von Rahmenbedingungen und auch Handlungsanweisungen, die zum Umzug notwendig sind.
Ein solches Konzept dient dem Ziel, die Beteiligten des Umzugsprojekts über die wesentlichen technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen des RZ-Umzugs zu informieren. Hierauf aufbauend sind dann in Folge fachliche Detailkonzepte (Drehbücher) für die einzelnen Systeme wie Rechnersystem, Netzkomponenten und Firewall-System zu erstellen. Insbesondere beschreiben sie detailliert das Vorgehen durch die Systemadministratoren während der Umzugsphase.
Dazu ein paar Beispiele:
Aus einer Beschreibung des Ist-Zustandes (RZalt) mit Inventarisierung der Umzugskomponenten entstehen
- Listen für das Umzugsunternehmen, welches die Komponenten ausbauen und transportieren sollen und
- Listen zur konkreten Festlegung für jede Komponente – wann sie umzieht, wohin sie umzieht bzw. wo sie eingebaut wird und welche sonstigen Besonderheiten zu berücksichtigen sind.
Die Beschreibung der Lokalitäten am Quell- und Zielort stellt eine wichtige Basis für die Ressourcenplanung des Umzugsunternehmens dar. Denn es wird deutlich,
- ob bauliche Umbaumaßnahmen wie z.B. die Beseitigung von Schwellen oder Kompensation von Stufen bei einem Transport von schweren Komponenten notwendig sind und ob diese frühzeitig umgesetzt werden müssen,
- ob die Leistung eines Aufzugs ausreichend ist oder nicht und
- welches Transportmaterial notwendig ist.
Extrem aufwendig und leider von vielen unterschätzt ist die Erstellung von Patch- und Rangierlisten. Gerne zögert man das immer weiter hinaus und stellt dann fest, dass die Zeit zur Füllung der Listen sehr knapp wird und man dieses in den Umzugszeitraum hinausschiebt. Doch dann ist es zu spät! Dabei ist diese Liste neben der Inventarliste die wichtigste zur Inbetriebnahme der Komponenten. Denn die Haupttätigkeiten des Umzugs am Tag des Umzugs sind genau in dieser Reihenfolge:
- Aus – und Einbau der Hardware
- Stecken der IT-Anschlüsse (= Rangieren / Patchen)
- Stecken der Stromanschlüsse
- Konfiguration
- Test
Das alles muss in einem sehr engen Zeitkorridor (mit genauer Zeitplanung) erfolgen und personelle Ressourcen müssen effektiv eingesetzt werden. Was dazu führt, dass die IT-Experten mit der administrativen Verantwortung und dem Expertenwissen zur Konfiguration und Fehlersuche nach Möglichkeit von den Tätigkeiten der ersten 3 Punkte ferngehalten werden müssen. Dieses kann man aber nur delegieren, wenn entsprechende präzise Anweisungen vorliegen. Und im Falle der Inbetriebnahme von IT-Verbindungen sind das ausführliche Patch- und Rangierlisten.
Durchführung
Unter der Annahme, dass die Planung optimal durchgeführt wurde, zeigt die Erfahrung, dass weder der Einbau der Hardware noch die energetische Inbetriebnahme ein großes Risikopotenzial haben. Anders sieht es bei der IT-Konnektivität aus: Ein System ist nicht erreichbar, woran liegt es? Dieses Problem birgt ein großes Stresspotenzial und wird vermutlich bei jedem Umzug mehr oder weniger häufig auftreten. Ausgeschlossen werden kann das auch bei bester Planung nicht. Da man bei einem Umzug der Hardware (= Ausbau und Wiedereinbau) von einer funktionierenden Konfiguration ausgehen muss, vermutet man natürlich den Fehler zunächst einmal in einer fehlerhaften „Verdrahtung“. Jetzt zeigt sich, ob die Realisierung der passiven Infrastruktur (Stichwort „strukturierte Verkabelung“) erfolgreich war. Hierzu ein paar Beispiele:
- Wurde die Festverkabelung derart ausreichend vorgenommen, dass Rangierschnüre so kurz wie möglich sind und weitestgehend im Rack bleiben? Jeder Meter eines verlegten – womöglich nicht beschrifteten – Rangierkabels außerhalb eines Racks oder gar reihenübergreifend wird zu einer unheimlichen Bremse bei der Fehlersuche führen.
- Wurde ein Beschriftungsschema festgelegt, welches auch von Monteuren, die nicht IT-affin sind, verstanden wird?
- Wurde die Patch-Anweisung genauso wie geplant vorgenommen und vor allem auch geprüft und in der Patch-Liste dokumentiert?
Nachbearbeitung
Der Umzug ist erfolgt, die ganzen Systeme sind produktiv und man atmet durch. Jedem einzelnen ist bewusst, dass nicht alles so umgesetzt wurde wie ursprünglich geplant. Improvisationen und kurzfristige Änderungen waren notwendig. Dazu sind insbesondere zu zählen:
- Die 19“-Belegung der Racks wurde anders durchgeführt und
- Patchungen wurden anders gemacht, funktionieren zwar, aber die Dokumentation liegt nur in Form von Handnotizen vor.
DER klassische Fehler besteht jetzt darin, die Abweichungen zu den Listen und Vorgaben, die zwangsläufig entstanden sind, nicht zentral zu dokumentieren. Gerne verschiebt man das auf später und so wird eine fehlerhafte Dokumentation immer weiter „mitgeschleppt“. Zusätzliche und nach dem Umzug erfolgte Änderungen werden noch weniger erfasst und geplante Änderungen im Betrieb oder Fehlersuche setzen auf eine fehlerhafte Dokumentation auf und gelingen noch schlechter.
Hier gilt es, einen klaren Prozess der Nachdokumentation mit verbindlichen Terminen und Fristen vorzusehen und alle Beteiligten frühzeitig einzubinden. Diese Zeit muss man sich nehmen.