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dams2022 web

(Noch) mehr IPv6-Adressen – brauchen wir das wirklich?

24.10.2024 / Dr. Johannes Dams

Der Titel dieses Blog-Beitrags lässt es schon erahnen: Mehr Adressen? Da geht es um IPv6. Und ja, IPv6 bietet deutlich mehr Adressen als IPv4, und das gilt nicht nur im lokalen Netz, sondern auch in der rein theoretischen globalen Sicht auf den gesamten Adressbereich. Die Zuteilung der Adressen erfolgt durch Organisationen wie die RIPE, die sehr großzügig vorgeht. Doch ist es sinnvoll, diese Zuteilungen noch weiter auszudehnen?

Je nach Internetprovider erhalte ich als Endnutzer bereits einen Adressbereich der Größe /56. Theoretisch bedeutet das mehrere Trilliarden IPv6-Adressen. Praktisch sind allerdings die verfügbaren /64-Subnetze entscheidend. Mit 256 Subnetzen ist man für einen privaten Internetanschluss zwar gut ausgestattet, doch wirkt es nicht übertrieben.

Nun erhalten die Internetprovider in Europa wiederrum ihre Adressräume von der RIPE, welche verschiedene Möglichkeiten zur Zuweisung von IPv6-Adressen bietet. Konkret unterscheidet man zwischen providerunabhängigen (PI) und von Providern zugewiesenen Adressen (PA). Unternehmen können PI-Adressen beantragen, die ein /48-Netz (d.h. 65.536 /64-Subnetze) umfassen, ohne Mitgliedsbeiträge an die RIPE zahlen zu müssen. PA-Adressen hingegen sind nur für RIPE-Mitglieder verfügbar. Letztere werden daher von Internetprovidern und von größeren Unternehmen genutzt, die aufgrund der Anzahl der benötigten Adressen RIPE-Mitglied werden. Dies betrifft dann durchaus einige unserer Kunden.

Bisher beschränkt die RIPE die Zuteilung von IPv6-Adressen an Mitglieder auf ein /29-Netz, es sei denn, es liegt eine entsprechende Begründung vor. Das bedeutet, dass ein RIPE-Mitglied oder eine Local Internet Registry (LIR) über 35 Milliarden /64-Subnetze erhalten kann, ohne weitergehende Nachweise erbringen zu müssen. Auf den ersten Blick könnte man naiv annehmen, dass dies für jedes Unternehmen, einschließlich Internetprovider, ausreicht. Tatsächlich vergeben Internetprovider jedoch in der Regel /56-Netze, und Business-Kunden haben oft den Wunsch nach /48-Netzen. Somit bleiben von den 35 Milliarden Netzen „nur“ noch 524.288 für Business-Kunden oder 134 Millionen für Privatkunden.

Mehr IPv6-Adressen pro LIR – aber warum?

Wer denkt, das sei mehr als genug, wird überrascht sein, dass es innerhalb der RIPE Bestrebungen gibt, die Zuteilung auf einen /28er-Adressbereich zu erweitern – das bedeutet eine Verdopplung der zur Verfügung gestellten Adressen.

Auch wenn es hier um Größenordnungen geht, bei denen dem „Normal-Netzwerk-Admin“ der IP-Adress-Bedarf nicht direkt klar wird, gibt es einige Argumente für einen größeren Adressraum:

  • Bessere Lesbarkeit: Bisher endet der zugeteilte /29-Präfix innerhalb eines Nibbles (das Zeichen einer IPv6-Adresse). Bei /28 kann man klarer an der Adresse ablesen, zu welchem LIR sie gehört.
  • Einfachere DNS-Konfiguration: Dies soll die Nutzung und Konfiguration von DNS vereinfachen und die Adressen insgesamt lesbarer machen.
  • Reduktion der Adresszuweisungskomplexität bei der RIPE: Die Komplexität der Adresszuweisung soll reduziert werden, da weniger LIRs einen Mehrbedarf begründen müssen.
  • Optimierung der Routing-Tabellen: Es wird außerdem spekuliert, dass die IPv6-Routing-Tabellen im Internet dann kleiner sein könnten, da der Adressraum weniger fragmentiert würde.

Besteht also ein echter Mehrbedarf an IPv6-Adressen? Meiner Ansicht nach ist das nicht unbedingt der Fall. Auch das Argument der Lesbarkeit ist nicht technischer Natur, da man in der Vergangenheit immer wieder dafür plädiert hat, dass IPv6-Adressen nicht lesbar sein müssen.

Hat dieser Vorschlag trotzdem Chancen, umgesetzt zu werden? Ich könnte mir das durchaus vorstellen. Mit dieser Vereinfachung verschwendet man zwar IPv6-Adressen, doch zeigt sich auch, dass diese bei IPv6 ohnehin als reichlich verfügbar gelten.

Betrifft dies das typische mittelständische Unternehmen?

Die meisten unserer Kunden wären von dieser Änderung, sofern sie umgesetzt wird, eher nicht betroffen. Dennoch gibt es einige Unternehmen, die damit zusätzliche Adressen erhalten könnten.

Darüber hinaus zeigt dies vor allem, dass auch bei IPv6 die Entwicklung nicht stillsteht. Während es in einigen Bereichen gefühlt eher ruhig um IPv6 wird (oder geblieben ist), gibt es andere Unternehmen, die aktiv an der Weiterentwicklung interessiert sind.

Daher laden wir Sie ein, sich in unserem IPv6-Seminar über solche und ähnliche Themen zu informieren. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

IPv6: Grundlagen, Migration, Betrieb
28.10.-29.10.2025 in Bad Neuenahr | online

Switching und Routing: optimales Netzdesign
06.10.-09.10.2025 in Aachen | online

TCP/IP: Netze erfolgreich betreiben
05.05.-07.05.2026 in Aachen | online

Der Netzwerk Insider gehört mit seinen Produkt- und Markt-Bewertungen rund um IT-Infrastrukturen zu den führenden deutschen Technologie-Magazinen. Der Bezug des Netzwerk Insiders ist kostenlos.

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