Messen und Simulieren von Mobilfunk – ein Einblick in die Möglichkeiten

09.01.2023 / Frederik Stückemann

aus dem Netzwerk Insider Januar 2023

Mobilfunk ist eine Technologie, die für die meisten als selbstverständlich angesehen wird. Mal eben WhatsApp checken, eine kurze Info googeln oder ein bisschen YouTube in der Mittagspause gucken. Auch die Telefonie muss selbstverständlich funktionieren. Ist jedoch das Mobilfunksignal zu schwach oder zu sehr gestört, ist dies nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich. Das führt dazu, dass die Anwender unzufrieden sind und die Nutzererfahrung letztlich schlecht ist. Dies betrifft häufig moderne Gebäude, da der Stahlanteil in diesen sehr hoch ist und die Fenster zusätzlich metallisch legiert sind. All diese Faktoren führen dazu, dass der Empfang im Gebäude geschwächt wird. Was also tun, wenn ein solcher Fall auftritt? Bei Telekom, Vodafone und Telefonica (bald auch bei 1&1/United Internet) anrufen und sagen, dass an dem einen Standort, an dem man sich befindet, schlechter Mobilfunk vorhanden ist? Möglich, wenn man als Unternehmen gute Gründe darlegen kann und der Betreiber für sich darin einen echten Vorteil sieht. Um Missstände wie diese belastbar nachweisen zu können, müssen professionelle Messungen durchgeführt werden. Mit diesen wird sich dieser Artikel im Detail beschäftigen.

Messen und Simulieren von Mobilfunksignalen und -systemen sind gängige Mittel, um die genannten Probleme zu identifizieren und bestenfalls zu vermeiden. Die Telekom hat eigenen Aussagen zufolge aktuell etwa 94% der deutschen Bevölkerung mit 5G versorgt (WICHTIG: nicht Fläche) [1]. Dies heißt jedoch nicht, dass die als versorgt geltenden Flächen bis in das Kellergeschoss versorgt sind. Auch großflächige Gebäude und Hallen können im Inneren eine schwache Versorgung aufweisen. Eine grobe Übersicht über die aktuelle 5G-Versorgung der Telekom kann auf der Netzausbaukarte eingesehen werden [2].

Wir bei ComConsult haben bereits mehrere Mobilfunkmessungen durchgeführt. Bei den Messungen handelt es sich meist um den oben genannten Fall, dass die Mitarbeiter über schlechten Mobilfunk klagen und die Firmen diese Umstände nachgewiesen haben möchten. Die Ergebnisse der Messungen zeigen dann, wie die Situation tatsächlich aussieht. Ein weiterer Grund für eine Messung kann sein, dass ein Vermieter seine Büroflächen attraktiver machen möchte, indem er nachweisen kann, dass die Versorgung in seinem Gebäude gut ist. Eine mögliche Zertifizierung hierfür ist die „WiredScore“-Zertifizierung, die gewisse Vorgaben speziell für Gebäude erstellt hat. Später hierzu mehr.

Was messen wir im Mobilfunk?

Um Mobilfunkmessungen verstehen zu können, muss zuerst bekannt sein, welche Messwerte es gibt und was diese im Detail aussagen.

Angefangen mit 2G bzw. Global System for Mobile Communications (GSM):

  • Received Signal Strength Indicator (RSSI): Dieser sagt aus, mit welcher Sendeleistung das Signal beim Empfänger ankommt.
  • Carrier to Interference (C/I): Dieser Wert besagt, wie viel stärker bzw. schwächer das Signal, das verwendet werden soll, im Vergleich zu den Interferenzen auf derselben Frequenz ist.

Bei 4G bzw. Long Term Evolution (LTE) bzw. 5G New Radio (NR) werden andere Werte genutzt, da diese Technologien anders funktionieren. Für die technischen Grundlagen verweise ich gerne auf den Artikel von Dr. Joachim Wetzlar, der die Technik hinter LTE und 5G NR bereits erläutert hat [3].

Zusammengefasst wird bei LTE und 5G NR das Orthogonal Frequency Divided Multiplexing (OFDM) verwendet, was bedeutet, dass der Provider die verfügbare Bandbreite für jede Funkzelle zur Verfügung stellt. Jedoch nutzen die Endgeräte nicht die volle Bandbreite, daher muss ein Messwert her, der diesen Faktor in die Betrachtung mit einbezieht. Letztlich sind die folgenden Werte dafür spezifiziert worden:

  • Reference Signal Received Power (RSRP), die, wie der Name schon sagt, sich auf das Referenzsignal bezieht. Dieses belegt eben nicht die gesamte Bandbreite und ist daher als Messsignal geeignet.
  • Reference Signal Received Quality (RSRQ) beschreibt, wie gut die Qualität des Referenzsignals im Vergleich zur gesamten Bandbreite beim Empfänger ankommt. Berechnet wird dieser aus dem Verhältnis zwischen RSRP und RSSI.
  • Signal to Interference plus Noise Ratio (SINR), das ähnlich wie das C/I bei 2G das Verhältnis von Nutzsignal zu Interferenzen und Rauschen darstellt.

Ein RSSI für LTE gibt es somit auch, der die gesamte Bandbreite betrachtet. Dieser Wert allein ist jedoch aus den genannten Gründen nicht von großer Bedeutung.

Bei 5G NR werden diese Werte etwas anders betitelt, da es mehrere Referenzsignale gibt, die für die Messung herhalten können. Das 3GPP besagt jedoch, dass eine Messung anhand des „Secondary Synchronisation Signal“ (SS) durchgeführt werden soll. Das führt dazu, dass die Werte nicht mehr RSRP, RSRQ und SINR heißen, sondern SS-RSRP, SS-RSRQ und SS-SINR. Alternativ können auch das „Primary Synchronisation Signal“ (PSS) oder die Signale im gesamten „Synchronisation Signal Block“ (SSB) verwendet werden. Hier orientieren wir uns jedoch an den offiziellen Vorgaben.

Günstige Möglichkeiten zur Messung vom Mobilfunk

Um als Anwender ein erstes Gefühl dafür zu bekommen, wie „gut“ oder „schlecht“ das Mobilfunksignal ist, gibt es kostenfreie Apps im Google Play Store. Apple-Geräte sind hierbei leider ausgenommen, da Apps wie die folgenden keinen Zugriff auf die notwendigen Informationen haben. Für iPhone-Besitzer ist es jedoch möglich, über eine spezielle Rufnummer den „Feldtestmodus“ aufzurufen. Diese lautet: *3001#12345#*. Wenn Sie dies in die Telefon-App eintippen und dann „anrufen“ drücken, sollte ein Menü erscheinen, das die Einsicht in einige Daten erlaubt (ab iOS 14) [4].

Tabelle 1: Grobe Einordnung der Mobilfunk-Messwerte

Die erste App ist „Network Cell Info (Lite)“, die eine große Anzahl an Werten auslesen kann – angefangen mit der Signalstärke und Signalqualität über Signal-Rauschabstand bis zu einigen weiteren Werten. Diese werden grafisch ansprechend dargestellt und sind schnell und einfach ablesbar. Die zweite App, die ich Ihnen vorstellen möchte, ist „CellMapper“. „CellMapper“ bietet den Vorteil, dass dort viele Standorte und detaillierte Informationen von Mobilfunkmasten eingetragen sind. Diese Werte basieren auf von Nutzern eingetragenen und von der App ausgelesenen Werten, daher sind sie mit Vorsicht zu genießen. Die realen Werte von Basisstationen sind ein gut bewachtes Geheimnis der Mobilfunkprovider. Die Informationen können zudem über eine Webseite abgerufen werden [5].

Natürlich bringen einem die ausgelesenen Werte nichts, wenn man nicht einordnen kann, was letztendlich gut oder schlecht ist. Als Orientierung habe ich im Folgenden eine grobe Übersicht erstellt, die hierbei unterstützen soll. Die Werte können sowohl für LTE als auch für 5G angewendet werden. Wichtig zu wissen ist, dass die Apps die Werte über eine Schnittstelle vom System abfragen und die Endgeräte nicht kalibriert sind. Somit kann keine Garantie gegeben werden, dass die angezeigten Werte korrekt sind. Zudem sind Abweichungen zwischen Endgeräten möglich.

Professionelles Messequipment

Um aussagekräftige und belastbare Ergebnisse zu bekommen, ist eine professionelle Messung unumgänglich. Diese haben den Vorteil, dass das Messequipment kalibriert ist und die Daten so abspeichert, dass eine nachträgliche umfangreiche Analyse möglich ist. Des Weiteren werden Messungen mit solchem Equipment auch von den Providern als realer Beweis anerkannt, was als Grundlage für mögliche Diskussionen dienen kann. Als Messequipment nutzen wir Geräte von der Firma Rohde & Schwarz, die weltweit als ein anerkanntes Unternehmen im Bereich der Messtechnik auftritt. Neben Rohde & Schwarz gibt es noch weitere Hersteller solcher Geräte, wie Keysight, PCTEL, Accuver etc.

Für die Messungen nutzen wir zum einen das Rohde & Schwarz QualiPoc Android, ein aktives Messequipment [6], zum anderen den Rohde & Schwarz TSMA6B, einen passiven Mobilfunkscanner [7]. Das QualiPoc Android basiert auf einem handelsüblichen Android Smartphone, welches von Rohde & Schwarz modifiziert wird. Die Modifikationen erlauben es der installierten Software, umfangreiche Details von dem verbauten Modem abzufragen. Für die Nutzung des QualiPoc Android ist es notwendig, dass dieses in einem Mobilfunknetz eingebucht ist. Der Vorteil hierbei ist, dass neben dem Auslesen von Mobilfunkdaten auch aktive Messungen durchgeführt werden können, wie zum Beispiel Datenratentest mit einem iPerf-Sever oder eine einfache Ping-Messung. Der große Nachteil des QualiPoc Android ist jedoch, dass nur ein Provider mit einer Technologie betrachtet und gemessen werden kann, was zur Folge hat, dass man pro Technologie und Provider einen separaten Messdurchgang durchlaufen muss.

Der Mobilfunkscanner hingegen ist ein rein passives Equipment, das eben diesen Nachteil nicht aufweist. Das bedeutet, dass der Scanner ohne Einbuchung in die Mobilfunknetze diese scannen und dekodieren kann. Dies funktioniert über alle Provider und Technologien hinweg. Im Umkehrschluss sind mit dem Scanner keine aktiven Messungen möglich. Um dieses Problem zu lösen hat sich Rohde & Schwarz etwas ausgedacht: Die Kopplung beider Geräte. Dies wird über ein Tablet realisiert, mit dem der TSMA6B wie auch das QualiPoc Android verbunden werden. Wird nun eine Messung gestartet, kann auf dem Tablet konfiguriert werden, welches Gerät welche Aufgaben zu erledigen hat. So kann beispielsweise eine Kampagne für das QualiPoc Android eingestellt werden, um alle x Sekunden einen Speedtest durchzuführen, während der Scanner alle konfigurierten Mobilfunknetzte scannt. Die Ergebnisse werden abschließend auf dem Tablet gesammelt und in einer Datei zusammengefasst.

Wieso wird öffentlicher Mobilfunk gemessen?

Wie bereits in der Einleitung angedeutet, ist der Mobilfunk eine nicht mehr verzichtbare Technologie, die im Beruf als auch im privaten Leben als selbstverständlich angesehen wird. Jedoch ist ein funktionierendes, ausreichend starkes und qualitativ hochwertiges Mobilfunksignal notwendig, um diesen Erwartungen zu entsprechen.

Am häufigsten werden Indoor-Messungen durchgeführt, da innerhalb der Gebäude die Versorgung schwächer ist als außerhalb. Die Anforderungen sind aufgrund der größeren Anzahl an Personen und Telefonaten jedoch höher. Moderne Gebäude haben das Problem, dass die Fenster metallisch bedampft sind und der höhere Anteil an Stahl in den Wänden die Stärke sowie die Qualität des Signals schwächt. Ist das Gebäude zusätzlich groß, so wird der Mobilfunk zunehmend schwächer, je weiter man sich ins Innere bewegt. Anhand der Messung kann festgestellt werden, in welchen Bereichen mit Problemen zu rechnen ist.

Abbildung 1: 5G-Messung im ComConsult Gebäude (GSM im CoCo-Gebäude per iBwave visualisiert)

Ein weiterer Grund für eine Mobilfunkmessung ist, dass Unternehmen ihre Gebäude zertifizieren lassen möchten. WiredScore beispielsweise vergibt Zertifizierungen, wenn ein Gebäude ausreichend bzw. gut mit Mobilfunk versorgt ist. Zertifizierungen wie diese führen dazu, dass Mietobjekte wie Büros an Attraktivität gewinnen und die Mieteinnahmen davon ebenfalls profitieren können. Zudem kann der Vermieter mit den Ergebnissen den Interessenten die Information geben, welcher Provider in dem Gebäude am besten funktioniert. Meine Kollegen Andreas Kaup und David Feuser haben zum Thema SmartScore und WiredScore einen Blogeintrag auf unserer Webseite verfasst, auf den ich hier gerne verweise.

Um beispielsweise eine Platin-Zertifizierung von WiredScore zu erhalten, müssen mindestens zwei Provider im ganzen Gebäude mit mindestens „ausreichend“ in den Bereichen Sprach- und Datenübertragung bewertet werden. Für eine Gold-Zertifizierung reicht hingegen ein Provider aus. Sind die Werte unterhalb der genannten Angaben, wird eine gewisse Anzahl an Credits vergeben. Zusätzlich werden Credits verteilt, die je Provider gezählt werden. So wird beispielsweise ein Credit vergeben, wenn ein Provider eine ausreichende Sprach- oder Datenübertragung bietet. Für zwei Credits müssen Sprache und Datenübertragung mindestens ausreichend sein. Maximal werden sechs Credits verteilt. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der Webseite von WiredScore [8].

Ablauf von Mobilfunkmessungen öffentlicher Netze

Eine Messung der öffentlichen Netze läuft meistens wie folgt ab: Es wird geklärt, welche Provider und welche Technologien für den Kunden von Interesse sind. Ist dieser Punkt klar, werden, falls es sich um eine Indoor-Messung handelt, Gebäudepläne der zu vermessenden Gebäude bereitgestellt. Diese werden auf dem Tablet zur Steuerung der Geräte importiert und stellen die Grundlage für die Messung dar. Da innerhalb der Gebäude meist kein nutzbares bzw. präzises GPS-Signal vorhanden ist, müssen die Positionen in den Gebäuden manuell gesetzt werden. Hierbei unterstützen die Gebäudepläne. Als nächster Schritt wird die eigentliche Messung vor Ort durchgeführt. Hierfür müssen pro Etage so viele Räume wie möglich begehbar sein, um ein genaues Ergebnis erzielen zu können. Parallel hierzu werden auf dem Gebäudeplan nach Möglichkeit viele Messpunkte gesetzt, um die Messwerte den korrekten Standorten zuzuweisen. Ist die Messung abgeschlossen, die je nach Umfang mehrere Tage dauern kann, werden die gemessenen Werte analysiert und je nach Wunsch grafisch dargestellt. Eine beispielhafte Auswertung ist in Abbildung 1 zu sehen.

Für Outdoor-Messungen kann der im TSMA6B integrierte GPS-Empfänger verwendet werden, der die Position automatisch bestimmt. So können Außenbereiche von Gebäuden begangen oder Straßen abgefahren werden, und mithilfe des GPS werden die Messpunkte den korrekten Standorten zugeordnet.

Private 5G-Campusnetze

Neben den öffentlichen Netzen sind seit 2019 in Deutschland private 5G-Campusnetze möglich. Diese werden derzeit hauptsächlich im Frequenzbereich zwischen 3,7 und 3,8 GHz betrieben und sind lokal auf einen vorab definierten Bereich beschränkt. Mithilfe dieser Netze sollen neue Use Cases entwickelt werden, die mit aktuellen privaten Technologien wie WLAN oder LoRaWAN nicht möglich sind. Aufgrund des abbruchfreien Wechsels von Zellen in einem Mobilfunknetz ist diese Technologie speziell in der Industrie interessant, um Automatisierungen zu ermöglichen und fahrerlose Transportsysteme umfangreicher einsetzen zu können. Auch hierfür möchte ich gerne auf einen Artikel von meinem Kollegen David Feuser verweisen.

Jedoch muss hier sichergestellt sein, dass das Campusnetz den geplanten Bereich vollständig und störungsfrei versorgt, dass das Netzwerk problemlos funktioniert und dass der vorab definierte Bereich nicht überschritten wird. Mithilfe des TSMA6B und dem QualiPoc Android können diese Kriterien detailliert gemessen, ausgewertet und mögliche Probleme erkannt werden. Zudem kann geprüft werden, ob eine Störung des öffentlichen Mobilfunks ausgeschlossen ist. Ist dies nicht der Fall, wird sich die Telekom zeitnah bei Ihnen melden, da diese den Frequenzbereich von 3,61 bis 3,7 GHz für sich beansprucht und eine Störung als nicht unbedingt erfreulich ansieht. Zudem kann die Bundesnetzagentur in solchen Fällen hohe Geldstrafen verteilen.

Abbildung 2: ACD von ROMES

Die Messung eines privaten 5G-Campusnetzes läuft letztendlich vergleichbar wie eine Messung des öffentlichen Mobilfunks ab. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass hierbei eine höher aufgelöste Messung mit mehr Messpunkten erstellt wird, damit schwach versorgte Stellen besser erkannt werden können. Es sind sowohl Indoor- als auch Outdoor-Messungen möglich, da Campusnetze ebenfalls für Außenbereiche einsetzbar sind.

Troubleshooting von privaten 5G-Campusnetzen

Wie bereits kurz erwähnt, kann neben dem reinen Messen von Mobilfunknetzen speziell mit dem Mobilfunkscanner ein Troubleshooting von Inhouse-Mobilfunksystemen und privaten 5G-Netzen durchgeführt werden. Da ein Mobilfunksystem sehr hohe Anforderungen erfüllen muss, damit es korrekt funktioniert, müssen alle Komponenten fehlerfrei arbeiten. Ist dies nicht der Fall, kann es zu Problemen wie Asynchronität oder Ausfall einer gesamten Zelle kommen. Letzteres sollte in einem vernünftigen Monitoring-System erkennbar sein, Ersteres jedoch nicht unbedingt. Hier kommt der Scanner ins Spiel, der Probleme wie diese durch das Messen der Zeitsynchronisation verschiedener Zellen darstellen kann.

Für eine detaillierte Analyse des Netzes ist es notwendig, dass dieses passiv als auch aktiv vermessen wird. Die passive Messung ermöglicht es, Konfigurationsfehler sowie defekte Komponenten zu erkennen. Die aktive Messung zeigt, ob die Anforderungen an das Netz in Bezug auf Geschwindigkeit, Latenz, Jitter und Handover-Fähigkeit erfüllt werden.

Auswertung einer Mobilfunkmessung

Wenn die Messung abgeschlossen ist, müssen die Daten ausgewertet werden, damit eine Auswertung, wie in Abbildung 1 zu sehen, erstellt werden kann. Neben einer Sichtprüfung auf dem Tablet, die einen groben Überblick verschafft, ist eine detaillierte Analyse der Messdaten notwendig. Diese wird mithilfe der Software ROMES von Rohde & Schwarz durchgeführt, welche die aufgezeichneten Messdaten lesen und auswerten kann. Innerhalb der Software können alle Signale im Detail betrachtet und visualisiert werden. Für den ersten Überblick kann beispielsweise die „Automatic Channel Detection“ (ACD) verwendet werden, die alle Signale, die der TSMA6B dekodieren konnte, grafisch darstellt. In der Abbildung 2 ist dies für 2G, 4G und 5G gezeigt.

Neben der Übersicht können auch alle Signale mit unterschiedlichsten Parametern einzeln betrachtet werden. Ein Beispiel ist in Abbildung 3 zu sehen.

Abbildung 3: Detailbetrachtung eines Signals (blau: RSRP, weiß: SINR)

In diesem Beispiel wird das LTE-Signal der Telefónica im 800-MHz-Band gezeigt. Mit dem Wissen aus den vorigen Abschnitten kann man sagen, dass die Signalstärke (RSRP) als sehr gut bezeichnet werden kann, das SINR hingegen eher im ausreichenden bis guten Bereich einzuordnen ist. Die Telefónica verwendet neben der 800-MHz-Frequenz noch weitere Frequenzen, beispielsweise 1800 MHz oder 2100 MHz. Diese sind im ACD jedoch nicht aufgeführt, da diese Signale entweder zu schwach oder zu stark gestört sind.

Für die Auswertung müssen nun alle LTE-Signale eines Providers betrachtet werden, und das beste wird letztlich für die Auswertung verwendet. Hierbei ist es durchaus möglich, dass unterschiedliche Frequenzen in unterschiedlichen Bereichen des Gebäudes unterschiedlich gut sind, welches in der Auswertung beachtet werden muss. Ist das „beste“ Signal auserkoren, kann dies für die weitere Auswertung exportiert werden.

Simulationen auf dem Prüfstand

Simulationen sind dann sinnvoll, wenn ein neues Gebäude geplant wird und abzusehen ist, dass darin der Mobilfunk nicht den Anforderungen bzw. den Erwartungen entspricht. Vorab: Es ist, abgesehen von den Providern (falls überhaupt), nicht möglich, das Signal öffentlicher Mobilfunksysteme in Gebäuden zu simulieren. Dafür sind zu viele unbekannte Faktoren vorhanden, die in einer solchen Simulation betrachtet werden müssen. Dies bedeutet, dass Simulationen auf Inhouse-Mobilfunksysteme oder private 5G-Netze beschränkt sind.

Wir nutzen hierfür die Software iBwave, die international fast als der Standard im Bereich Mobilfunksimulationen anzusehen ist. Ein alternatives Produkt dazu ist die Software Ranplan Wireless.

Jetzt könnte man überlegen, wie sehr man einer solchen Simulation überhaupt vertrauen kann. Immerhin werden viele äußere Einflüsse gar nicht mit einbezogen. Sind die Ergebnisse eventuell zu optimistisch bzw. pessimistisch? Werden zusätzlich vorhandene Materialien, die Einfluss auf das Signal haben, ausreichend gut einbezogen?

Zunächst zur Zuverlässigkeit: Hierfür haben wir in einem Projekt eine Industriehalle in iBwave mit den Materialien modelliert, die vor Ort verbaut wurden und anschließend ein privates 5G-Netz darin simuliert. Die Halle ist bereits mit einem privaten 5G-Netz ausgestattet, und die Komponenten als auch die Konfiguration hierfür sind bekannt. Ziel ist es, mit den bekannten Faktoren eine möglichst realistische Simulation zu erzeugen. Um die Ergebnisse vergleichen zu können, wurde diese Halle mithilfe des R&S TSMA6B gemessen und die Ergebnisse ausgewertet.

Abbildung 4 zeigt, wie stark die Messung von der Simulation abweicht. Erkennbar ist, dass die Messung allgemein etwas schwächer ausfällt als die Simulation. Grundsätzlich ist die Simulation jedoch recht nahe an den Werten der Messung, daher ist das Ergebnis durchaus erfreulich. Um Ergebnisse wie diese zu erreichen, muss bei der Modellierung des Gebäudes darauf geachtet werden, dass die korrekten Materialien verwendet werden. Aus diesem Grund sind hierfür Gebäudepläne nötig, die diese Informationen beinhalten.

Abbildung 4: Vergleich von Simulation und Messung

Sollte eine Simulation stark von einer Messung abweichen, kann iBwave die Simulation anhand solch einer Messung kalibrieren. Dadurch wird sichergestellt, dass die Simulation ein möglichst reales Ergebnis darstellt. Die kalibrierten Dämpfungswerte können anschließend für weitere Simulationen in anderen Bereichen der Halle genutzt werden.

Fazit

Professionelle Mobilfunkmessungen sind die einzig zuverlässige und präzise Möglichkeit, um zu erfahren, wie das Mobilfunksignal am Standort ist. Anhand dieser können umfangreiche Auswertungen erstellt werden, um festzustellen, wo Probleme auftreten können und ob gehandelt werden muss. Die Erfahrung zeigt, dass das Mobilfunksignal in großen Gebäuden häufig unterhalb der Akzeptanzschwelle liegt und eine störungsfreie Nutzung meist nicht möglich ist.

Mit den Erkenntnissen aus den Messungen können anschließend weitere Schritte eingeleitet werden. Hierzu zählt als einfachste Lösung der Ausbau der eigenen WLAN-Infrastruktur, um WiFi Calling zu ermöglichen. Die höherpreisigen Möglichkeiten können z.B. sein, einen Repeater oder ein Inhouse-Mobilfunksystem vom Provider aufbauen und betreiben zu lassen. Für Letzteres verweise ich gerne auf den Artikel von David Feuser [9].

Verweise

[1] „Telekom kommt beim 5G Ausbau voran,“ [Online]. Available: https://www.donaukurier.de/nachrichten/digitales/telekom-kommt-beim-5g-ausbau-voran-6816362

[2] „Telekom Mobilfunk Netzausbaukarte,“ [Online]. Available: https://www.telekom.de/netz/mobilfunk-netzausbau

[3] „Im Insider vor 20 Jahren – OFDM,“ [Online]. Available: https://www.comconsult.com/im-netzwerk-insider-vor-20-jahren-ofdm/

[4] „Feldtestmodus in iOS 14,“ [Online]. Available: https://www.mactechnews.de/news/article/iOS-14-der-versteckte-Feldtestmodus-in-neuem-Design-175582.html

[5] „CellMapper Karte,“ [Online]. Available: https://www.cellmapper.net/map

[6] „Rohde & Schwarz – QualiPoc Android,“ [Online]. Available: https://www.rohde-schwarz.com/de/produkte/messtechnik/netzwerkdatenerfassung/qualipoc-android_63493-55430.html

[7] „Rohde & Schwarz – Mobilfunkscanner TSMA6B,“ [Online]. Available: https://www.rohde-schwarz.com/de/produkte/messtechnik/netzwerkdatenerfassung/rs-5g-site-testing-solution_63493-766529.html

[8] „WiredScore Gebäudezertifizierung,“ [Online]. Available: https://wiredscore.com/de/certify-a-building/wiredscore/

[9] „Inhouse-Mobilfunk,“ [Online]. Available: https://www.comconsult.com/inhouse-mobilfunk/

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