Im Netzwerk Insider vor 20 Jahren: OFDM

01.08.22 / Dr. Joachm Wetzlar

Joachim Wetzlar

Vor 20 Jahren stellte Dr. Kauffels im Netzwerk Insider unter dem Titel „Der Signalligator“ das Modulationsverfahren OFDM, zu Deutsch „Orthogonal Frequency Division Multiplex“, vor. Als Aufmacher zeigte er ein Bild des offensichtlich bösartigen Tieres mit der Unterschrift „Bevor man dieses Signal wirklich stört, beißt es zurück“.

Ich bezeichne OFDM gerne als die Parallelschnittstelle für Funk. Die OFDM nutzt nämlich eine Vielzahl nebeneinanderliegender Funksignale, sogenannte Unterträger, die parallel mit unterschiedlichen Datenbits moduliert werden. Hohe Bitraten werden durch die parallele Übertragung vieler Bits (sogenannter Symbole) in einer vergleichsweise langsamen Abfolge erzielt. Dieses Prinzip hat mehrere entscheidende Vorteile:

  • Durch die langsame Abfolge der Symbole ist das Verfahren gegen Störungen aufgrund von Mehrwegeempfang robust. Aufeinanderfolgende Symbole werden sich auch dann nicht überlappen, wenn Signalverzögerungen durch Reflexion auftreten.
  • Überlagerung von Signalen durch Mehrwegeempfang führt an bestimmten Orten zur Auslöschung von Signalen. Bei der OFDM sind davon an einem Ort immer nur einzelne Unterträger betroffen, weil jeder Unterträger eine andere Wellenlänge besitzt. Diese Eigenschaft prädestiniert die OFDM im Übrigen für den Einsatz beim sogenannten Gleichwellenbetrieb – dazu unten mehr.
  • Die OFDM erzielt gute spektrale Effizienz. Viele schmale Unterträger nebeneinander ergeben ein nahezu rechteckiges Spektrum, wodurch die zur Verfügung stehende Bandbreite besonders gut ausgefüllt wird.

Als „orthogonal“ bezeichnet man das Verfahren, weil sich benachbarte Unterträger gegenseitig nicht stören. Zu diesem Zweck wird der Unterträgerabstand so gewählt, dass er dem reziproken Wert der Symboldauer entspricht. Dadurch fällt jeder Unterträger genau mit den Nullstellen der Spektren seiner Nachbarn zusammen.

OFDM vor 20 Jahren

In der IT-Infrastruktur bekamen wir Kontakt zur OFDM, als WLAN gemäß IEEE 802.11g vorgestellt wurde. Damit konnte im 2,4-GHz-Band eine (Brutto-)Bitrate von 54 Mbit/s erreicht werden, so wie schon vorher im 5-GHz-Band mit IEEE 802.11a. In Europa war WLAN im 5-GHz-Band jedoch vor 20 Jahren noch nicht zulässig.

Beide Verfahren basieren auf einer OFDM mit 48 nutzbaren Unterträgern. Die Symboldauer beträgt 3,2 µs, woraus sich ein Unterkanalabstand von 312,5 kHz ergibt. Zwischen zwei Symbolen wird eine Pause von 0,8 µs gelassen, die als Guard Interval bezeichnet wird. Die Symbolrate ergibt sich dadurch zu 200.000 Symbolen pro Sekunde.

Neben WLAN gab es damals schon viele andere Funkdienste, die auf der OFDM basierten. Ich nenne beispielhaft die Rundfunkdienste DAB und DVB-T. Beide nutzen übrigens den oben erwähnten Gleichwellenbetrieb. Mehrere Sender eines Bereichs strahlen dasselbe Signal Frequenz- und Phasen-synchron ab.

Die Situation heute

WLAN wurde immer schneller und erreicht nun Bitraten von (theoretisch) bis zu 10 Gbit/s. Dafür wird unter anderem ein Vielfaches von Unterträgern verwendet, wodurch die belegte Bandbreite auf bis zu 160 MHz steigt. Bei Wi-Fi 7 sollen es noch einmal doppelt so viele werden.

Mit Wi-Fi 6 hat man im Übrigen die OFDM-Parameter modifiziert. Die Symboldauer ist nun viermal so lang, wodurch der Unterkanalabstand auf ein Viertel schrumpft. Man erreicht dadurch eine höhere Robustheit gegen Mehrwegeempfang. Überdies hat man die Möglichkeit geschaffen, die Unterkanäle unter mehreren Stationen aufzuteilen, sodass diese gleichzeitig senden und empfangen können. Man nennt das „Orthogonal Frequency Division Multiple Access“ (OFDMA).

Im Mobilfunk wurde die OFDM und auch OFDMA vor 10 Jahren mit LTE eingeführt und jetzt mit 5G erweitert. 5G unterstützt bis zu 3.300 Unterträger bei Abständen von 15 kHz bis 240 kHz. Im Inhouse-Mobilfunk wird in der Regel Gleichwellenbetrieb gemacht. Mehrere Antennen bilden eine Funkzelle. So lässt sich ein größerer Bereich ohne Handover und Interferenzen abdecken, wovon man bei WLAN nur träumen kann.

Fazit

Die OFDM ist heute das Verfahren zur digitalen Datenübertragung. Im Übrigen hat sich die damals geäußerte Hoffnung, „der Signalligator“ fresse alle Störungen, nicht bewahrheitet – oder kennen Sie störungsfreie WLANs?! In der Tat haben wir seinerzeit übersehen, dass die Standard-Verfahren zur Robustheit gegen Störungen, nämlich Forward Error Correction (FEC) und Scrambling auch bei Ein-Träger-Modulation selbstverständlich sind.

Leider gilt bei jeglicher Funkübertragung: Wenn nur genügend Bits verloren sind, sind Sie verloren.

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