0800er-Nummern: Kostenfalle für Unternehmen

21.08.2019 / Dr. Behrooz Moayeri / Leiter Competence Center Akademie
Thomas Simon / Geschäftsführer und Datenschutzbeauftragter großer Konzerne

Behrooz Moayeri
Thomas Simon

Welche Organisationen müssen im Zeitalter der IP-Telefonie noch ein besonderes Augenmerk auf ihre Telefongebühren haben? 

Insbesondere Organisationen, die über Servicerufnummern erreichbar sind, sind von einem allgemeinen Trend betroffen. Das Volumen der mobilen hat das der Festnetztelefonie überholt. Dies bedeutet, dass die Kosten der gebührenfreien Nummern für die angerufene Seite massiv steigen. Der Grund ist, dass die meisten Provider für Anrufe aus Mobilnetzen ungefähr das Zehnfache der Gebühren berechnen, die bei Anrufen aus dem Festnetz anfallen. 

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Fallen die gestiegenen Kosten angesichts der Gesamtausgaben für IT und Kommunikation überhaupt ins Gewicht?

Das hängt vom Kommunikationsvolumen ab. In der Preisliste der Deutschen Telekom steht der Minutenpreis von 0,219 € netto pro Minute, wenn eine für den Anrufer gebührenfreie Nummer mit der Vorwahl 0800 vom Mobilfunk aus angerufen wird. Hier eine Beispielrechnung auf dieser Basis: Gehen wir von 10 Call-Center-Arbeitsplätzen eines Unternehmens aus. Nehmen wir pro Arbeitsplatz nur 6 Stunden reine Anrufdauer pro Tag an. Damit kommen wir auf 60 Stunden pro Tag. Ferner gehen wir von einer 5-Tage-Woche aus. Das ergibt pro Woche 300 Stunden. Bei ungefähr 50 Wochen im Jahr sind es dann 15.000 Stunden. In Minuten umgerechnet kommen wir auf 900.000. Wenn davon die Hälfte aus dem Mobilnetz kommt, ergeben sich Kosten in Höhe von ca. 100.000 € im Jahr. Das ist schon erheblich. Und die Tendenz ist steigend, weil Mobiltelefone insbesondere bei Verbrauchern das Festnetz immer stärker verdrängen. 

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Sind die Listenpreise überhaupt relevant?

Großkunden bekommen natürlich erhebliche Rabatte. Sie bezahlen für Anrufe vom Mobilfunk zu einer 0800er-Nummer pro Minute zwischen 7 und 13 Cent. Je größer das Volumen, desto höher sind die Rabatte. Unser Beispiel mit nur 300 Stunden pro Woche ist jedoch eher niedrig angesetzt. Ich kenne zum Beispiel ein Unternehmen mit weit mehr als dem zehnfachen Volumen. Man denke nur an rund um die Uhr erreichbare Unternehmen mit deutlich mehr als 10 Call-Center-Arbeitsplätzen, die auch noch stärker ausgelastet sind. 

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Wie kann man dem Kostenanstieg entgegenwirken? 

Es gibt auch die sogenannten lokalen Servicenummern. Diese haben eine normale geografische Vorwahl. Sie sind für den Anrufer nominell nicht gebührenfrei. Aber die meisten Menschen bezahlen für Anrufe in das deutsche Festnetz nichts bis fast nichts. Ich als Kunde akzeptiere eine normale deutsche Festnetznummer als Servicenummer. Gebühren für ankommende Gespräche verursachen bei lokalen Servicenummern nur einen Bruchteil der Gebühren der 0800er-Nummern, in einigen Fällen weniger als ein Zehntel. 

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Warum gibt es dann überhaupt noch die 0800er-Nummern??

Solange Anrufe aus dem Festnetz das Gros des Volumens ausmachten, waren die Kosten der 0800er-Nummern kein großes Problem. Anrufe aus dem Festnetz kosten viel weniger als Anrufe aus dem Mobilnetz. Jetzt wundert man sich über die jährlich stark steigenden Kosten. Das liegt am allgemeinen Trend zum mobilen Telefonieren. Wenn die Provider die Tarife für gebührenfreie Nummern nicht wesentlich reduzieren, werden immer mehr Unternehmen die 0800er-Nummern durch andere Kontaktwege ersetzen. 

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