Eine interessante Meldung von der CES (Consumer Electronics Show) in Las Vegas macht derzeit die Runde: Bosch will den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) deutlich ausweiten, bis 2025 soll jedes Bosch-Produkt künstliche Intelligenz enthalten oder mit ihrer Hilfe produziert werden [1]. Damit dies gelingt, sollen mit einem umfangreichen Schulungsprogramm in den nächsten zwei Jahren nahezu 20.000 Mitarbeiter fit für die KI-Zukunft gemacht werden.
Wie fit sind Sie eigentlich für diese Zukunft?
KI wird zur Grundlage moderner IT
Gartner sieht KI und Machine Learning (ML) als Basistechnologien (!) als die Top 10 der strategischen Technologietrends für 2020 an. Das heißt KI hat die „nice to have“-Phase hinter sich gelassen und ist zumindest bei international agierenden Unternehmen zu einer unverzichtbaren Grundlage für weiteres Wachstum geworden.
Das amerikanisch-britische Marktforschungsinstitut Tractica prognostiziert für den gesamten KI-Markt in den nächsten 6 Jahren ein jährliches Wachstum von über 40 % auf 126 Milliarden US-$ in 2025. Das wäre zwölf Mal so viel wie 2018!
Man kann heute davon ausgehen, dass viele Unternehmen erste Gehversuche mit KI-Anwendungen bereits absolviert haben, und wie Bosch jetzt beginnen, konkrete Geschäftsfälle zu entwickeln. Tractica listet in seiner aktuellen Analyse zum KI-Markt [2] über 330 Einsatzszenarien von KI auf. Angeführt wird die Liste von dem Anwendungsfall Spracherkennung mit geschätzten 40 Milliarden US-$ Umsatz bis 2025, gefolgt von den sogenannten virtuellen digitalen Assistenten (VDAs) mit rund 20 Milliarden US-$ und „Network/IT operations monitoring and management“ und dem Bereich Videoüberwachung mit jeweils knapp 20 Milliarden US-$. Digitale Call-Center-Agenten, die Kundenanrufe entgegennehmen und zu einem großen Teil auch beantworten können, sind typische Beispiele solcher VDAs, mit denen Unternehmen ihre Ansprechbarkeit und Erreichbarkeit schnell und drastisch verbessert können.
Sehen, Sprechen und Analysieren
Hauptanwendungsfeld von KI bleibt auf absehbare Zeit sicherlich der Analysebereich. Gerade im Verbraucherumfeld werden durch die Nutzung von Handys, Tablets, Wearables etc. und entsprechenden Apps auf diesen Geräten Unmengen an kundenspezifischen Daten erzeugt, die natürlich ausgewertet werden. Allein hierfür bildet sich aktuell ein eigenes Marktsegment aus Hard- und Software, Edge Devices, Fog Computing und GPU-basierenden Hochleistungsrechnern (HPC – High Performance Computing), um dieser Datenflut Herr zu werden.
Aber die genannten vier umsatzstärksten Anwendungsbereiche zeigen auch, dass der „klassische“ KI-Anwendungsfall „Analyse umfangreicher Datenmengen“ zunehmend um Anwendungsfälle ergänzt wird, wo es darum geht, per Bilderkennung und Sprache direkt mit der physischen Welt zu interagieren. KI ist nicht länger alleine auf Technologiebereiche wie IoT (Internet of Things), Big Data etc. fokussiert, sondern drängt zunehmend in normale Arbeits- und Handlungsbereiche sowohl im beruflichen wie im privaten Umfeld vor.
Gartner sieht das übrigens ähnlich. Unter den Top-10-Themen der strategischen Technologietrends für 2020 führt Gartner unter anderen „Hyperautomation“ und „Autonomous things“ auf. In beiden Bereichen geht es – vereinfacht ausgedrückt – darum, Aufgaben und Prozesse, die bislang von Menschen durchgeführt wurden, zu automatisieren und auf Maschinen, Roboter, Drohnen, Fahrzeuge, Schiffe etc. auszulagern.
KI ist also nicht einfach ein weiterer technologischer Fortschritt, sondern insbesondere eine Technologie, die unsere Arbeitswelt, vermutlich sogar die Grundlagen unserer Gesellschaft weitreichend verändern wird. Ein Grund mehr, sich damit intensiv auseinanderzusetzen.
Wir müssen KI lernen und verstehen
Zur Beurteilung möglicher Chancen durch den Einsatz KI-gesteuerter Techniken und der angesprochenen Einflüsse auf den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen ist es dringend notwendig, entsprechendes Know-how im Unternehmen aufzubauen.
Hinzukommt die zweifellos notwenige Auseinandersetzung mit ethischen und moralischen Fragen und Fragen nach der Sicherheit von KI-Anwendungen. Ohne dies näher erläutern zu wollen, versteht es sich von selbst, dass solche Technologien nicht nur Chancen, sondern auch völlig neue Risiken und Angriffsflächen bieten, denen man sich stellen muss.
Wer jetzt nicht handelt, könnte bald ins Hintertreffen geraten. Der Weg, den Bosch eingeschlagen hat, ist in diesem Sinne vorbildlich.
Zum Schluss noch ein weiterer Satz aus der Presseerklärung von Bosch: „Wir müssen nicht nur in die künstliche, sondern auch in menschliche Intelligenz investieren.“
Noch lernen die Maschinen von uns! Sehen Sie zu, dass es so bleibt.
Verweise
[1] Siehe Pressemitteilung https://www.bosch-presse.de/pressportal/de/de/ces-2020-bosch-setzt-massstaebe-bei-kuenstlicher-intelligenz-205568.html