Wer braucht DWDM?

18.04.2023 / Dr. Behrooz Moayeri

Dense Wavelength Division Multiplexing (DWDM) ist eine immer mehr eingesetzte Technik. Sowohl in Service-Provider-Netzen als auch bei der Kopplung von Rechenzentren (RZs) wird DWDM angewandt, um über dieselbe Glasfaser eine zwei- bis dreistellige Zahl optischer Wellenlängen mit einer insgesamt hohen Bitrate zu übertragen. Zwischen Rechenzentren werden dabei nicht selten, gemessen in Terabit pro Sekunde (Tbit/s), zweistellige Werte erreicht. DWDM hat neben der Möglichkeit der Implementierung einer Mehrzahl von optischen Kanälen den Vorteil, dass damit im Vergleich zu den für Ethernet oder Fiber Channel genutzten Transceivern größere Entfernungen erreicht werden können. Bei RZ-Kopplungen sind die Reichweiten der optischen Transceiver der DWDM-Komponenten nicht der erste limitierende Faktor, der erreicht wird. Weil mit zunehmender Entfernung auch die Signallaufzeit steigt, stellt die Empfindlichkeit der Anwendungen für Latenz die wichtigste Grenze dar.

Ein weiterer Vorteil von DWDM-Systemen besteht darin, dass diese Systeme Verschlüsselung auf der Ebene von Schicht 1 (Physikalische Übertragung) ermöglichen. Diese Verschlüsselung ist bei entsprechender Hardware-Unterstützung mit wesentlich höherer Geschwindigkeit zu realisieren als zum Beispiel Verschlüsselung auf Layer 3 (Internet Protocol Security, IPsec) bzw. Layer 4 (Transport Layer Security, TLS).

Gibt es zwischen zwei RZs weder Entfernungen jenseits der Reichweite konventioneller Ethernet- bzw. Fiber-Channel-Transceiver, also über 10 km, noch den Bedarf der Verschlüsselung auf Layer 1, und hat man die Hoheit über das Gelände, sind DWDM-Systeme nicht wirtschaftlich zu begründen. In der Regel steigen die Kosten für DWDM-Systeme bei insgesamt 100 Gbit/s und mehr linear mit der Bitrate. Ungefähre Faustregel: 500 € pro Gbit/s inklusive Hardware, Service und Betrieb über 5 Jahre. Wenn man berücksichtigt, dass das Gros der Kosten bei Glasfaserkabeln auf die Verlegung zurückzuführen ist, steigen die Kosten für die Glasfasern auf eigenem Gelände nicht linear. Wenn heute Lichtwellenleiter im Gelände verlegt werden, sollte man gleich eine Vielzahl von Glasfasern im zu verlegenden Kabel vorsehen. Außerdem sind, wenn Tiefbau ohnehin erforderlich ist, gleich Leerrohre vorzusehen, durch die auch nachträglich mehr LWL-Kabel verlegt werden können. Bei entsprechender Skalierung kostet ein Faserpaar mit einer Länge von weniger als 10 km in der Regel weit weniger als 500 €. Da im eigenen Gelände eine Verschlüsselung auf Layer 1 normalerweise nicht zwingend erforderlich ist, entfallen alle Gründe für den Einsatz von DWDM-Systemen.

Anders sieht es aus, wenn man Glasfasern bei Providern mieten muss. Provider rechnen die Kosten für Dark Fiber in der Regel pro Faserpaar und Längeneinheit ab. Selten werden weniger als 0,50 € pro Faserpaar und Meter und Monat in Rechnung gestellt. In solchen Fällen ist es meistens wirtschaftlicher, anstatt einer Vielzahl von Fasern DWDM einzusetzen, mit den zusätzlichen Vorteilen der längeren Reichweite und der Möglichkeit der Verschlüsselung, die unter Umständen bei Kabelführung über öffentliches Gelände erforderlich ist.

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