Kabellose Kopfhörer, Maus und Tastaturen oder sogar Smartboards sind aus den normalen Büroalltagen mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Ziel ist es, weg vom Kabelsalat zu kommen und hin zu Flexibilität, Komfort, Bewegungsfreiheit und einer aufgeräumten Arbeitsumgebung. Trotz dieser Vorteile bringen Bluetooth-Endgeräte jedoch auch einige Probleme mit sich, die erst auffallen, wenn die Geräte Verbindungsfehler aufweisen, stockend funktionieren oder das WLAN langsamer wird. Besonders in Open-Space-Büros oder in anderen großflächigen Arbeitsumgebungen wie in meinem Fall die Universitätsbibliothek fällt es zumeist schnell auf: Bluetooth kann sowohl Fluch als auch Segen sein.
Wie bin ich überhaupt auf Bluetooth als Störquelle gekommen?
Neben meinen Tätigkeiten bei ComConsult bin ich Studentin an der RWTH Aachen. Wenn ich also nicht im Büro bin, sitze ich für meine Uni-Arbeiten meistens in der Universitätsbibliothek. Dort befinde ich mich in einem großen Lernraum mit etwa 200 Arbeitsplätzen. Jeder Student ist mittlerweile mit mindestens Laptop und Smartphone ausgestattet, und teilweise kommen auch Tablets dazu, die alle im Universitäts-WLAN eingeloggt sind. Dazu kommen häufig noch kabellose Kopfhörer und teilweise auch kabellose Mäuse und Tastaturen. In den vergangenen Wochen kam es im Laufe des Tages, wenn sich der Raum füllte, zu vermehrten Störungen meiner Bluetooth-Kopfhörer und der Internetverbindung meines Laptops. Das WLAN wurde langsamer, die Musik stockte, die Kopfhörer hatten vermehrte Verbindungsprobleme und überlagerten die Musik mit Störgeräuschen. Dadurch kam ich zu der Überlegung, woran das liegen könnte: Zunächst habe ich meine kabellosen Kopfhörer durch die klassischen alten Kabelkopfhörer ausgetauscht. Das Ergebnis: Ich hatte auch nachmittags noch fließende Musik.
Im Folgenden möchte ich gerne meine Rechercheergebnisse erläutern, warum Bluetooth und WLAN sich gegenseitig stören können.
Vom Kabelsalat zu Funkkonflikten
Bluetooth-Geräte nutzen einen Frequenzbereich, der zwischen 2400 und 2483 MHz liegt. Dies bedeutet, dass diese Geräte ebenfalls im lizenzfreien 2,4-GHz-ISM-Band (Industrial, Scientific and Medical Band) operieren, wie es auch im WLAN nach dem Standard IEEE 802.11b/g/n üblich ist. Im Blog Bluetooth im Gebäude der Zukunft – Konkurrenz zum WLAN? haben meine Kollegen Dr. Johannes Dams und Thomas Steil bereits dargelegt, dass damit „Bluetooth in direkter Konkurrenz zu WLAN steht“.
Dies bedeutet in der Praxis häufig, dass Peripherie-Bürogeräte über Bluetooth im gleichen Frequenzbereich senden wie klassische WLAN-Router und/oder Access-Points, was dazu führen kann, dass sich die Signale bei paralleler Nutzung gegenseitig stören.
Zwar sind sowohl Bluetooth als auch WLAN mit Mechanismen ausgestattet, die Störungen möglichst vermeiden sollen, beispielsweise durch Frequenzsprungverfahren oder Kanaltrennung, doch diese Verfahren sind nicht immer effektiv genug, insbesondere dann nicht, wenn sich viele Geräte auf engem Raum befinden. Es kann zu Verbindungsabbrüchen, erhöhten Latenzen oder Performanceeinbrüchen im WLAN kommen.
Warum kann Bluetooth das WLAN stören?
Bluetooth verwendet ein Verfahren namens Frequency Hopping Spread Spectrum (FHSS). Dabei springt ein Bluetooth-Gerät sehr oft pro Sekunde zwischen mehreren Kanälen im Bereich von 2,402 bis 2,480 GHz. WLAN nach IEEE 802.11b/g/n verwendet hingegen Direct Sequence Spread Spectrum mit fixen Kanalbreiten von 20 MHz, gelegentlich auch 40 MHz bei 802.11n, was effektiv nur drei überlappungsfreie Kanäle im 2,4-GHz-Bereich erlaubt, nämlich die Kanäle 1, 6 und 11.
Wenn ein Bluetooth-Gerät nun zufällig in einem Kanal funkt, der gerade auch vom WLAN genutzt wird, kommt es zur gegenseitigen Beeinflussung. Diese äußert sich in Form von Paketverlusten, Verzögerungen oder reduziertem Datendurchsatz. Zwar versucht Bluetooth durch sogenanntes Adaptive Frequency Hopping (AFH), eine Weiterentwicklung des klassischen FHSS, zu stark genutzte Frequenzbereiche zu meiden, doch in der Praxis ist dies oft nicht ausreichend, um Interferenzen komplett zu vermeiden.
Der Worst Case für die Nutzung von WLAN und Bluetooth: Der Open Space mit 50 Bluetooth-Kopfhörern
Ein sehr aktuelles Beispiel aus der heutigen Arbeitswelt ist Open Space, wie in vielen Bürogebäuden, Uni-Bibliotheken oder Hörsälen zu finden. Hier arbeiten oft mehrere Dutzend Menschen gleichzeitig, jeder ausgestattet mit Bluetooth-Tastatur, -Maus und -Headset. Zusätzlich sind WLAN-Zugänge für Laptops, Tablets und Smartphones erforderlich, teilweise kommen in Bürogebäuden noch Bluetooth-fähige Präsentationstechniken oder Smartboards hinzu. Die Kombination aus hoher Gerätedichte und stark überlappenden Funkfrequenzen schafft ein ausgesprochen störanfälliges Arbeitsumfeld.
Insbesondere wenn Echtzeitanwendungen, beispielsweise Videokonferenzen über WLAN oder Musikstreaming via Bluetooth, dazu kommen, kann dies zu spürbaren Problemen führen wie stockende Bildübertragung, verzögerte Tonausgabe oder gar der Verlust der Verbindung. In solchen Situationen ist oft nicht sofort ersichtlich, dass die Ursache nicht an der Internetverbindung, sondern am lokalen Funkchaos liegen kann. Dazu sei gesagt, dass Bluetooth bis 79 2,4-GHz-Kanäle besitzt, wobei jedes Gerät eine Kanalbreite von 1 MHz einnimmt. Bluetooth Low Energy hingegen verwendet nur maximal 40 Kanäle mit je 2 MHz Kanalbreite. Das bedeutet, dass auf dem 2,4-GHz-Band, auch ohne die WLAN-nutzenden Endgeräte, höchstens 80 Bluetooth-Endgeräte das 2,4 GHz-Band überschneidungsfrei nutzen können. In einer Uni-Bibliothek ist eine störungsfreie Nutzung bei vollem Raum kaum möglich, da sich dann mindestens 80, wenn nicht 200 kabellose Kopfhörer im Raum befinden. In einem Großraumbüro mit 30 Arbeitsplätzen, jeweils mit kabelloser Maus, Tastatur und Headset, sind auch schon 90 Bluetooth-Geräte aktiv, und das alles noch ohne die WLAN-Geräte im 2,4-GHz-Band.
Smart Building funkt dazwischen
Eine zusätzliche Hürde können Smart-Building-Endgeräte im 2,4-GHz-Band sein. Viele Gebäude-Apps, Überwachungssysteme oder ähnliches arbeiten mittlerweile vermehrt mit BLE-Beacons, die ebenfalls auf diesem Band arbeiten, und lassen, wie vorhin erwähnt, sogar weniger störungsfreie Geräte zu, da die Kanalbreite für BLE größer ist. Wie solche Beacons genutzt und geplant werden können, haben ebenfalls Thomas Steil und Dr. Johannes Dams in ihrem zweiten Blog Bluetooth- Beacons nutzen und planen erläutert. Gerade BLE hat in vielen smarten Anwendungen Verwendung gefunden und bringt ebenfalls Chancen und Risiken mit sich, wie Dr. Markus Ermes in seinem Blog Bluetooth Low Energy als Schlüssel – Wenn Protokoll und Use Case nicht zusammenpassen erwähnt.
Was kann man dagegen tun?
Wer Störungen durch Bluetooth vermeiden möchte, hat mehrere Optionen. Zunächst lohnt sich ein Blick auf die Konfiguration des WLAN. Das 5- oder auch 6-GHz-Band bietet deutlich mehr Kanäle und wenige bis keine Überlappungen mit Bluetooth. Hier kann zusätzlich das 2,4-GHz-Band abgeschaltet werden. Allerdings lohnt sich das nur in Bürogebäuden, wo garantiert werden kann, dass alle Unternehmensendgeräte das 5- oder 6-GHz-Band unterstützen. Ältere Smartphones beispielsweise unterstützen im WLAN oft noch keine höheren Bandbreiten. Daher hat beispielsweise eine Universität das Abschalten nicht als Option, da sie somit Studenten oder Mitarbeitern den WLAN-Zugang verweigern würde.
Moderne Access Points können Dualband-WLAN bereitstellen und unterstützen oft auch Band Steering. Dies bedeutet, dass Client-Endgeräte möglichst automatisch auf den für sie störungsfreiesten Kanal umgeleitet werden.
Auch bei Bluetooth-Geräten gibt es Unterschiede. Neuere Modelle mit optimiertem AFH-Verhalten, was einem Frequenzsprungverfahren entspricht, oder solche mit Low-Energy-Modus können Interferenzen minimieren.
In besonders kritischen Umgebungen kann es zudem sinnvoll sein, gezielt kabelgebundene Eingabegeräte einzusetzen. Dies ist beispielweise für Arbeitsplätze sinnvoll, an denen maximale Verbindungsstabilität gefordert ist, wie beispielsweise in Großraumbüros, in denen viele Telefon- oder Videokonferenzen geführt werden müssen. Dort ist eine stabile Verbindung, vor allem für flüssige störungsfreie Konversation, sehr wichtig.
Fazit – Komfort mit Nebenwirkungen
Bluetooth bringt zweifellos viele Vorteile mit sich. Diese Technologie ermöglicht flexible Arbeitsplätze sowie minimierten Kabelsalat und erhöht die Mobilität des Arbeitsplatzes. Doch in Umgebungen mit vielen Geräten und begrenztem Frequenzraum kann sie auch zu einem echten Problem werden. Ist einem jedoch das Verhalten von Bluetooth bewusst, so kann gezielt gegengesteuert werden, sei es durch besseres Frequenzmanagement oder gezielte Auswahl von Geräten, d.h. durch die Abwägung, ob kabelloses Arbeiten wichtig ist oder ob WLAN nutzende Geräte auch 5 oder 6 GHz zulassen oder einfach durch bewusstere Nutzung drahtloser Technologien.
Quellen
- https://www.bfs.de/DE/themen/emf/hff/quellen/kabellos/kabellos.html
- https://www.giga.de/extra/wlan/specials/wlan-802.11-b-g-n-ac-was-ist-das-und-was-sind-die-unterschiede-einfach-erklaert/
- https://www.computerweekly.com/de/definition/Frequency-Hopping-Spread-Spectrum-FHSS
- http://de.wikipedia.org/wiki/Direct_Sequence_Spread_Spectrum
- https://scdn.rohde-schwarz.com/ur/pws/dl_downloads/dl_application/application_notes/1c108/1C108_0e_Bluetooth_BR_EDR_AFH.pdf
- https://www.devolo.de/glossar/band-steering#:~:text=Durch%20Band%20Steering%20werden%20alle,k%C3%B6nnen%20Daten%20effizienter%20%C3%BCbermittelt%20werden.
- https://www.intel.de/content/www/de/de/products/docs/wireless/how-does-bluetooth-work.html#:~:text=Bluetooth%20Classic%20verf%C3%BCgt%20%C3%BCber%20bis,zwischen%20denen%20es%20wechseln%20kann.





